Man konnte die Nachricht im Focus lesen. Gestern noch. Heute lautet sie ganz anders. Gestern noch, am 1. Januar, verkündete der Focus, dass Unbekannte zwei Pflegerinnen die Autoreifen zerstochen hätten – und einen Bekennerbrief hinterlassen hätten. Es seien Impfgegner gewesen. Der Bekennerbrief war abgebildet – und ich persönlich muss bekennen, dass ich ihn nach der Nachricht nicht mehr gelesen habe. Denn ich war auf 180, wie man so sagt. Und auch meinen Reifen schien an dieser Stelle plötzlich und unerwartet die Luft auszugehen. Im übertragenen Sinn natürlich.
Dieser Nachricht im Focus fehlte nämlich nicht nur die Ortsangabe, ihr fehlte die Glaubwürdigkeit. Es gab im Text keinerlei Hinweis auf irgendeinen überprüfbaren Beweis. Es gab nur das Bild des Bekennerbriefes. Dieser Nachricht im Focus fehlte auf der anderen Seite jeglicher Witz, aber bis zum 1. April sind’s ja auch noch drei Monate. Kein Aprilscherz. Während mir also bei Wutdruck 180 gedanklich so die Luft ausgeht, schnattert es trotzdem unaufhörlich und laut im Kopf: fake news, fake news, fake news.
Die Pointe vorweg – dann müssen Sie nicht so lange warten: Heute kann man im Focus die Nachricht lesen, dass die Nachricht, Unbekannte hätten Pflegerinnen die Autoreifen zerstochen, um als Impfgegner auf den Ernst der Lage aufmerksam zu machen, eine Fake News ist. Siehstemalguck. Der angebliche Bekennerbrief ist immer noch abgebildet – und ich bekenne, ich habe ihn immer noch nicht gelesen. Hier der Link:
https://www.focus.de/gesundheit/coronavirus/corona-leugner-zerstechen-reifen-von-pflegerinnen-schockierender-brief-entpuppt-sich-als-fake_id_33182151.html
So weit, so gut. Nachricht vollständig. Inhalt: Der Focus ist auf Fake News hereingefallen, hat sie berichtet, danach sich und die Nachricht berichtigt und am Ende sich entschuldigt. So what? Alles gut?
Nein, nichts ist gut. Bleiben wir beim Blödeln. Was haben Corona und Nachrichten gemeinsam? Das Lauffeuer, so könnte eine Antwort lauten. Die Fragwürdigkeit eine andere. Denn sowohl in der pandemischen Lage als auch bei der Nachrichtenlage kann man nicht mehr immer sicher einschätzen, woran man ist. Je länger die Pandemie, desto größer die Zweifel. Auch eine Gemeinsamkeit.