NACHRICHTENPORTAL

Nachrichten aus dem Gesundheitswesen

Weihnachtsruhe - Jahrgang 2, Beginn in Niedersachsen

Der NDR spricht ganz schlicht zuerst einmal von „Warnstufe 3“. Die gilt in Niedersachsen, so verkündete Ministerpräsident Stephan Weil heute, 09.10.2021, vom 24.12. bis zum 02.01. Heißt: Nur 25 geimpfte oder genesene dürfen Feste feiern, aber nicht mehr feste feiern, Einschränkungen gibt es für Veranstaltungen, und Tanzveranstaltungen sind ganz verboten. Benannt wird das Konzept mit einem Wort, das sich schon 2020 unbeliebt gemacht hat: Weihnachtsruhe. Deswegen spricht der NDR von der „sogenannten Weihnachtsruhe“.

Bericht beim NDR, 09.102.2021:
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Heiligabend-bis-2-Januar-gilt-in-Niedersachsen-Warnstufe-3,weil2804.html

Der BR setzt die Weihnachtsruhe gleich in Anführungsstriche und kommt dann zum Wesentlichen: Niedersachsen ist das erste Bundesland, das über die Feiertage die Regelungen enger zieht. Und für Niedersachsen heißt das: Silvester höchstens 25 Leute pro Party (im Ticker, 16.45 Uhr):
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/corona-news-ticker-kw49,SqnCCDE

So weit das Nachrichtliche. Bleibt das Sprachliche: Die Weihnachtsruhe ist – bei aller christlichen Tradition – ein ganz neues Phänomen. Auch Google findet das Wort meist nur in pandemischen Zusammenhängen. Der Duden erlaubt zwar pauschal alle möglichen Zusammensetzungen mit dem Wort „Weihnacht“, zählt die Ruhe aber nicht auf. Der Weihnachtsmann sei die häufigste Zusammensetzung.
https://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/Weihnachten-linguistisch-betrachtet

Im Grimmschen Wörterbuch werde ich auch nicht fündig. Also gab es offenbar früher auch nicht mehr, sondern weniger Ruhe. Zumindest an Weihnachten. Aber immerhin: Ich finde bei Grimm eine Weihnachtsrute. Und die scheint mir zwar nicht sprachlich, aber irgendwie doch inhaltlich mit der Weihnachtsruhe 2021 verwandt zu sein. Aber: Die Weihnachtrute gehört gar nicht dem Knecht Ruprecht oder einer ähnlichen Gestalt – sie ist ein Fähnchen auf dem Weihnachtsmarkt (beim Duden ist der Weihnachtsmarkt die zweitbeliebteste Zusammensetzung):
https://woerterbuchnetz.de/?sigle=DWB#0

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Ach du heiliger Karl!

Die ZEIT machte ihn heute (09.12.2021) auf dem Titelblatt zu Karl dem Großen**. Das (katholische) Domradio aus Köln geht aber noch einen ganzen Schritt weiter: Hier fragt Christian Wölfel von KNA nach dem heiligen Karl. Das macht er mit sprachlichem Witz. Zwischendurch geht’s schwungvoll durch Theologie und Theorie. Und am Ende sind Drosten und Lauterbach die modernen Eremiten und ihre Wüste ist das Labor. Vielleicht ist da ja was dran, auf jeden Fall ist Ihnen mit dem Text ein bisschen Vergnügen sicher:

https://www.domradio.de/themen/kirche-und-politik/2021-12-09/heiliger-karl-ueber-die-sehnsucht-nach-einem-heldenhaften-gesundheitsminister

 

** hier gibt's das Titelblatt zu sehen:
https://premium.zeit.de/aktuelle-zeit?wt_zmc=fix.int.zonpme.zede.rr.aktausg_angebot.redirect.link.link&utm_medium=fix&utm_source=zede_zonpme_int&utm_campaign=rr&utm_content=aktausg_angebot_redirect_link_link

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Linkliste zur Berichterstattung über die tote Familie in Königs Wusterhausen

Noch gestern (08.12.2021) herrschte Betroffenheit und Entsetzen ob des Familienvaters aus Königs Wusterhausen, der seine ganze Familie und danach sich umgebracht hat. Psychisch krank, so lautete das Erklärungsmuster dafür, dass er nach dem Fälschen des Impfpasses seiner Frau befürchtete, die Kinder könnten ihnen weggenommen werden. Diesen Grund hatte er in einem Abschiedsbrief für die Tat genannt.

Schon seit gestern Abend wandelte sich – oder wer wandelt da? – der Schreck in Ablehnung: Der Familienvater soll „sich radikalisiert“ haben. Auch diese Einschätzung ändert sich medial schon wieder. Deswegen hier eine chronologische Linkliste mit Kurzzusammenfassungen.

Noch eine persönliche Stellungnahme vorab: Der Vorwurf, jemand habe „sich radikalisiert“ ist immer nur ein Teil der Wahrheit. Denn so ganz für sich allein, im stillen Kämmerlein ohne Grund und Anlass, „radikalisiert“ man „sich“ ja nicht. Die inflationäre Beschreibung von Menschen, die „sich radikalisieren“ – so richtig der gemeinte Sachverhalt jeweils dann auch sein kann – hat nur den einen Zweck: die Schuldzuweisung. Der da, der war’s – und wir, wir haben keine Schuld. Nein, die Schuld, der Grund und die Ursache sind nur im Woanders, im Gegenüber und in DemDa.

Aber der andere Teil der Wahrheit muss auch benannt werden, wenn diese ständigen „Sich-Radikalisierungen“ ein Ende haben sollen. Da passt doch gut die alte Weisheit: Wer mit dem Finger auf jemanden zeigt, zeigt mit drei Fingern auf sich selbst zurück.

Hier die versprochene Linkliste, auch nicht immer kommentarlos:

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Zwischenmenschliches: Die Coronakrise und ihre Folgen

Nachtrag zum Artikel vom 08.12.2021:

Der Familienvater, der in Königs Wusterhausen erst seine ganze Familie und dann sich selbst das Leben nahm, bietet heute Anlass zu Recherche, Spekulation und Interpretation. Die Medien sind voll mit Nachrichten, der Stil: Der Mann hat sich im Internet radikalisiert. Ich frage mich schon seit Jahren, wie man sich radikalisieren kann - denn ganz von allein geschieht das nicht. Zu diesem Familienvater gibt es nun Hinweise, dass er Impfausweise in großem Stil gefälscht habe, dass er dem Arzt Bodo Schiffmann interessiert gefolgt sei - und dass er in einem Messenger-Dienst geäußert habe, er habe sich eine Gürtelrose zugezogen, weil er mit einem Geimpften Kontakt gehabt habe. Sicher: Radikal ist das alles. Verzweifelt auch.

Linksammlung folgt später.

Artikel, 08.12.2021:

Der ältere Herr begegnete mir auf dem Parkplatz des Supermarktes. Er kam, ich ging – und lächelnd bot ich ihm meinen Einkaufswagen an. Denn einkaufen geht ja nicht mehr ohne. Lächelnd lehnte der Mann mein Angebot ab, das ihm Schritte und Anstrengung gespart hätte. Er nehme sich lieber einen anderen Wagen.

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Fliegende Kontrollen für Kölns Weihnachtsmärkte

Die Kölner rudern rückwärts, der Krisenstab der Stadt hat beschlossen, dass auf den Weihnachtsmärkten die 2G-Regel nicht nur gelten, sondern auch kontrolliert werden soll. Das ist, selbstverständlich und selbstredend, eine Reaktion auf die steigenden Inzidenzzahlen. Es ist, selbstverständlich und selbstredend, keine Reaktion auf die Situation am 11.11.2021 – als zu Beginn des Karnevals am Zülpicher Platz ein Sicherheitsunternehmen mit der Kontrolle der 2G-Regel maßlos überfordert war. Das Unternehmen soll bis zur Session im Februar nachbessern. Und immerhin: Am Heumarkt und am Tanzbrunnen, da hat ja alles geklappt.

Aber es geht ja jetzt um die Weihnachtsmärkte. Derer gibt es traditionell viele in Köln – und sie lassen sich nicht einzäunen. Deswegen setzt die Stadt Köln nun Menschen ein, die möglicherweise Superkräfte haben. Superkontrollen sozusagen. Auf jeden Fall, und das ist jetzt die Sprachregelung des Krisenstabes, werden „fliegende Kontrollen“ eingesetzt. Also Weihnachtsengel mit rotem Mantel statt weißer Flügel? Und ein großes S vorn auf der Brust? Vögel wird man ja wohl kaum einsetzen können, auch wenn der Stadtsprecher den sprechenden Namen Andreas Vogel trägt. Drohnen?

Wie die fliegenden Kontrollen tatsächlich aussehen werden, dazu schweigt die Stadt – und auch der WDR fragt hier nicht konkret nach. Quasi stillschweigend wird aus dem Gerundivum „fliegend“ aber im nächsten Absatz schon das Adjektiv „mobil“. Da die Weihnachtsmärkte nach allen Seiten offen sind und damit eine lückenlose Kontrolle gar nicht möglich ist, hat man sich auf mobile Teams geeinigt. Das klingt nun schon bedeutend realistischer.

Die Nachricht beim WDR, 15.11.2021:
https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/koelner-krisenstab-weihnachtsmaerkte-100.html

Nun mag die Vorstellung fliegender Engel, die die Weihnachtsmarktbesucher im Gewande des Super(wo)man liebevoll und lächelnd, möglicherweise noch gleichzeitig Geige und Harfe spielend, urkomisch sein. Dazu auch noch vollkommen ungewollt. Aber neu ist das Konzept nicht. Google weiß, wie immer, mehr. Und in Baden, so können wir der Badischen Zeitung entnehmen, flogen die Kontrollen im Karneval 2010 ihren Rundflug gegen den Alkohol. Viel erfahren wir nicht, da der Artikel hinter Bezahlschranke liegt. Aber dass die fliegenden Kontrollen der Polizei auf dem Hexenball erfreulich waren, dass kann man dem Artikel so gerade noch entnehmen. Was fehlt, ist ein Foto eines Polizeibeamten auf einem Hexenbesen.

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Die Rache des Gerundivums oder die Toten auf dem Fahrrad

„Wir wollen keine toten Radfahrenden in der Stadt!“ Fragen Sie mich nicht, wer in welcher Stadt keine Geister-Radfahrer will – und wo genau ich diesen Satz gehört habe. Ich kann Ihnen nur sagen: Es war im Fernsehen. Im NDR. Heute Morgen in der Wiederholung der Nachrichtensendungen vom Vorabend. Und: Danach war meine Aufmerksamkeit schlagartig zurück. Aber der Sprecher schon vom Bildschirm verschwunden.

Trotz meiner Zitationsunschärfe sei diesem Sprecher, der sich vor den toten Radfahrenden fürchtet, gesagt: Tote können nicht Fahrrad fahren – und Untote, die vielleicht Fahrad fahren könnten, wenn Regisseur oder Schriftsteller es wollten, gehören ins Reich der Phanatasie, also ins Fernsehen oder ins Buch. Die wirklich Toten fahren nicht mehr Fahrrad. Genauso wie die Totinnen keine Radfahrerinnen sind, sondern eine sprachliche Analogie, die frei von mir erfunden und logisch gesehen noch dazu vollkommen unnötig ist. Der Experimentierkasten mit den Sprachbausteinen gibt sie allerdings her. Und wenn Sie’s googlen wollen, werden Sie feststellen: Ich bin gar nicht die erste Schreiberin, die darauf gekommen ist.

Nennen wir’s die späte Rache des Gerundivums: die toten Radfahrenden. Stellen Sie sich das doch mal bildlich vor. Am besten noch als Radrennen.

Der Gendertrick mit der Verlaufsform musste ja irgendwann zum Eigentor werden. Oder zur Grube, die man den anderen nicht gräbt. Weil man gar nicht nur selbst hineinfällt. Auch die toten Radfahrenden könnten hier gut und gern begraben werden – samt Sprecher. Es war gewiss ein Mann. Also brauche ich wahrscheinlich keine weibliche Endung. Auch wenn man das nicht so ganz genau wissen kann. 

Klüger macht’s, sprachlich betrachtet, die ZEIT: „Zahl der getöteten Radfahrenden bleibt hoch“, titelte sie schon am 19.08.2020:
https://www.zeit.de/mobilitaet/2020-08/fahrradtote-radfahrer-strassenverkehr-unfall-autos?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

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Zweifelhafte Hilfsangebote: Vom Umgangston im Internet

„Ich helfe dir bei der Beantwortung deiner Fragen.“** Diesen Satz konnte ich einen ganz kurzen Mauswischmoment lang bei dem Paketdienstleister zwar nicht meiner Wahl, aber doch meines Schicksals lesen. Jetzt aber ist er, wer auch immer er sei, der mir seine Hilfe anbietet, wieder weg. Nahezu spurlos verschwunden. Fast unwiederholbar. Es sei denn, ich öffne die Website erneut. Übrig bleibt andernfalls unten rechts ein gelbes Fragezeichen, begleitet von drei Punkten. Die eben noch eher nur geahnte als wirklich gelesene rechteckige Aufploppblase, die mich, auch das kann ich hassen, unaufgefordert duzte, ist irgendetwas zwischen Erinnerung und Einbildung. Habe ich das wirklich gesehen und gelesen?

Tatsächlich lässt sich der Vorgang dann doch wiederholen, wenn man ganz von vorne anfängt. Nebenbei: Ich brauche keine Hilfe bei der Beantwortung meiner Fragen. Ich interessiere mich nur dafür, wer mir so großzügig diese Hilfe anbietet, die ich eigentlich für eine Voraussetzung und Selbstverständlichkeit gehalten hätte. Will sagen: Ein solch höfliches Angebot macht mich skeptisch. Sagt doch der Sprecher, dass ich mich im Grunde genommen eigentlich ganz allein um die Beantwortung meiner Fragen kümmern müsste. Muss ich aber nicht, denn er, wer auch immer er sei, er bietet mir ja seine großzügige Hilfe an.

Nun also will mir bei der Sendungsverfolgung des Paketdienstleisters, auf dessen Website ich mich herumtreibe, jemand helfen, der als Person nicht kenntlich ist, der nicht personifiziert ist und der nicht als Chatbot in Aktion tritt oder treten wird. Egal wie doof ich mich anstelle.

Falls Sie nicht wissen, was ein Chatbot ist: Ich wusste es auch nicht, habe aber extra die Fachleute befragt, damit ich Ihnen dieses Fachwort hier auftischen kann. Der Chatbot ist das Tool, das dafür zuständig ist, Ihnen auf einer Website einen (Hilfe-)Dialog anzubieten, wenn Sie zu lange regungslos vor einer Seite, einer Aufgabe oder einem Vorhaben sitzen. Also zum Beispiel, wenn Sie bei der Bank Ihrer Wahl mit der Überweisung offenbar nicht zu Potte kommen. Oder bei der Bausparkasse. Meist tritt der Chatbot in Erscheinung in Gestalt menschenähnlicher Silhouetten oder Mensch-Simulationen. Wenn Mensch-Simulation, dann natürlich gern auch jung.

Aber bei dem von mir nicht auserwählten Paketdienstleister ist der Chatbot wahrscheinlich kein echter Chatbot, auch wenn ich das Wort ganz toll finde. Tatsächlich ist er nur ein kleines einprogrammiertes Fenster, das aufspringt und mich weiterleitet, sollte es mir gelingen, vor seinem Verschwinden darauf zu klicken. Und dieses Fenster ist ausgesprochen wirklichkeitsnah programmiert: Denn wenn man mal wirklich im Leben jemanden braucht, ist ja auch meist keiner da.

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Von Vischen und anderen Rechtschreibeübungen

Ihnen kann niemand ein X für ein U vormachen? Gut so, aber nun müssen Sie aufpassen, dass Ihnen niemand ein V für ein F vormacht. Es sei denn, Sie essen vegan oder vegetarisch. Dann nämlich müssen Sie aufpassen, wer Ihnen ein V für ein F serviert.

Die NORDSEE, also die Firma mit den Großbuchstaben in Blau und dem roten Fisch daneben, ist seit April öffentlich auf dem Weg zu „neuen Ufern“, wie sie selbst in einer Pressemitteilung schrieb. Am anderen „Ufer“ der Nordsee angelt die NORDSEE nun nach Fischen mit V am Anfang. Die kommen dann am Ende ins BackVisch-Baguette – und dann auf den Teller veganer oder vegetarischer Kunden.

Zumindest will der Kunde, der den BackVisch bestellt, in wenigen Minuten vegan essen. In der NORDSEE, seit April. Theoretisch. Denn dann kam die nicht ganz so perfekte Welle: Youtube, der Medienkonzern Ippen, die MOPO, vegane Foren und bestimmt noch einige andere Stimmverstärker empörten sich unisono: Der vegane BackVisch wird in der NORDSEE nämlich mit dem gemeinen Backfisch zusammen frittiert. Im selben Fett. Wenngleich auch das Frittierfett pflanzlich ist: Das gemeinsame Fettbad nimmt dem BackVisch seine ganze Unschuld, noch bevor er überhaupt aufs Baguette kommt. Vegan ist er nach dem Bad im Fettnapf gewiss nicht mehr. Theoretisch zumindest – und der gemeine Veganer hält ja bekanntlich viel von der Theorie.

NORDSEE zum BackVisch:
https://www.nordsee.com/de/produkte/backvisch-baguette/

Ruhr-Nachrichten, 16.04.2021:
https://www.ruhr24.de/service/nordsee-fisch-vegan-blamage-restaurant-zubereitung-fehler-produkt-angebot-wut-kunden-kette-90460228.html

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Komische Kirche im coronaren Alltag

Keine Ahnung, wie ich auf die Evangelische Wochenzeitung gekommen bin. Wahrscheinlich immer dem Klick meiner Maus hinterher. Auf jeden Fall auf der Suche nach guten Comics oder Cartoons, gern zu Corona. Was ich gefunden habe: Nicht weniger als die ganze komische Wahrheit. Gut, es ist die ganze evangelische Wahrheit. Das macht sie aber nicht zur Halbwahrheit, denn das Coronavirus hat mit seinen Auswirkungen die theologische ganze Wahrheit ein wenig in den Hintergrund verschoben. Im kirchlichen Alltag hingegen stehen nun Protestanten und Katholiken Seite an Seite vor neuen, ökumenischen Regeln, die sich unwahrscheinlich gut ritualisieren lassen. Noch hat der Zeichner die Frage nicht gestellt, ob wir es hier nicht mit einer großen, wahrhaftigen, neuen Religion zu tun haben. Er steckt noch in den Niederungen des Alltags – und die sind vor allem komisch:

https://unserekirche.de/cartoons/

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Auf, auf zum Tanz! Es darf wieder mehr als nur geheiratet werden ...

Es ist so weit: Nicht mehr nur die Vögel dürfen Hochzeit halten – und auch der grüne Wald hat als Veranstaltungsort in gewisser Weise ausgedient. Die Menschen dürfen sich wieder trauen! Und zwar nicht nur am Altar und vor dem Standesbeamten oder natürlich der Standesbeamtin, sondern auch ganz feierlich. Sofern die Feier nicht öffentlich ist, keine Ungeimpften ohne PCR-Test erscheinen usw. Aber: Möglich ist wieder Vieles.

Das im Jahr 2020 die Zahl der Hochzeiten auf dem niedrigsten Stand seit 1950 liegt, dürfte niemanden verblüffen: 4,5 Personen auf 1000, so die Statistik, die mit 11 Personen auf 1000 im Jahre 1950 beginnt:
https://www-genesis.destatis.de/genesis/online?operation=previous&levelindex=1&step=1&titel=Ergebnis&levelid=1629457452807&acceptscookies=false#abreadcrumb

Welche Folgen das Heiraten in Zeiten von Corona für die Brautpaare hat und hatte, lässt sich einer Studie der „Kartenmacherei“ entnehmen:
https://www.kartenmacherei.de/hochzeitsstudie/#corona

Aber weg vom Rückblick hinein in die Zukunft: Es wird wieder geheiratet und das wird wieder gefeiert.

Und so berichtet, quasi zum Auftakt, die „Bild“ über ein Hochzeitspaar, das seit dem April 2020 seine Feier schon mehrmals verschoben hat. Dachzeile: „Corona-Fluch gebrochen“. Dennoch wird’s fürs Brautpaar eng, weil die alte Regelung zwar nicht mehr gilt, die neue aber noch nicht. Und vor allem: Die Braut ist schwanger – und sie möchte gern auf ihrer eigenen Hochzeit tanzen können. Die ganze Geschichte hier:
https://www.bild.de/regional/duesseldorf/duesseldorf-aktuell/corona-fluch-gebrochen-endlich-koennen-wir-unsere-traum-hochzeit-feiern-77415700.bild.html

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Passierschein A38 - Noch fehlt die Kompatibilität zum Konnektor

Sie sind Arzt? Sie kämpfen an vorderster Front? Nämlich an der Formularfront: elektronisches DMP, elektronische AU, eRezept. Und was es da nicht sonst noch alles gibt. Im Zuge der Coronarisierung der Arztpraxen hat der Einsatz neuer, zertifizierter Verfahren nochmals ungemein zugenommen. Was Ihnen aber zu Ihrem Glück überhaupt noch fehlt, ist der Passierschein A38. Klingelt’s schon bei Ihnen? Da war doch was! Richtig: Asterix und Obelix. Noch ist der Passierschein A38 nicht elektronisch verfügbar, und über seine Kompatibilität zum Konnektor in der Arztpraxis hat gewiss noch niemand nachgedacht. Aber immerhin hat Rupert Frieling den Passierschein schon mal in Form gebracht. Das war im im März 2020, eine unmittelbare Folge von Corona.Nehmen Sie dieses Formular nicht nur zur Kenntnis, sondern überprüfen Sie es ganz genau. Sie werden gewiss Ihre helle Freude daran haben:

https://ruprechtfrieling.de/passierschein-a38-gegen-corona-ausgangssperre/

Und für alle, denen die Passierschein-Szene bei Asterix und Obelix nur noch halb in Erinnerung ist, gibt’s hier den passenden Ausschnitt auf Youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=NQV6PA6BOVE

 Nachtrag: Die Stadt Barsinghausen hat offenbar, und das auch im März 2020, ein A38-Passierschein vergeben. Hier mehr:
https://www.con-nect.de/barsinghausen/nachricht/30942-stadt-barsinghausen-vergab-passierschein-a38.html

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Von einem Mann und seiner Packung hinein in die sprachliche Zukunft: ens EPa

Sie erinnern sich: Mit dem Kürzel ePA, kleines e und großes PA, kürzelt die elektronische Patientenakte. Aber beim Lesen von Texten ist dennoch Vorsicht geboten, denn ihr Cousin, der elektronische Personalausweis kürzelt sich ebenso. Sprachlich macht das Schwierigkeiten, oder ist es Ihnen schon einmal gelungen, Groß- und Kleinbuchstaben in die Aussprache miteinzubeziehen?

Die älteren Namensrechte auf’s Kürzel hat aber die Bundeswehr mit der EPa, großes E, großes P, kleines a. Einmannpackung. Berühmt und berüchtigt vor allem wegen ihrer Hartkekse, die Generationen von jungen Männern als Mutprobe dienten – oder, aus der Kaserne verschleppt, in der Draußenwelt für anerkennende Bewunderung sorgten. Wer so etwas essen kann, der muss per se ein Held sein, so die Assoziation.

Dem EPa ging’s schon 1999 an den Kragen mit der Entwicklung des EPa leicht (nicht zu verwechseln mit light). Damals fielen die Hartkekse zusammen mit dem Dosenbrot aus der Pakung raus, nicht wegen ihrer Kalorien, sondern wegen ihres Gewichts. Zumindest aus dieser Form des EPa, denn die ganze Gattung wurde ganz enorm divers. Der Gipfel der Diversifikation:

Typ XIV EPa leicht vegetarisch:

Fertiggericht 1: Fertiggericht Gartengemüse-Sojarisotto 125 g
Fertiggericht 2: Fertiggericht Paprika-Sojaragout mit Nudeln 100 g

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Die Hölle auf Erden - und der Ablasshandel für den Klimaschutz

Die Welt steht mal wieder ganz, ganz dicht am Abgrund. Feuer, Fluten, Sturm und Wind verwüsten und verwerfen Menschen und Leben. Die Bilder, die das Fernsehen zeigt, könnten auch eine großartige Kulisse für großartige Filme vom großartigen Inferno sein. Aber: Sie sind Wirklichkeit. Die Hölle ist los, und das mitten auf der Erde und zu einer Zeit, in der die Menschen nicht Tod und Teufel, nicht Gott und meist auch nicht den Mitmenschen fürchten. Von Achtung wollen wir gar nicht reden. Das Gerede von der Achtsamkeit sagt ja schon mehr als genug. Fürchterlich das alles.

Die Erderwärmung, Ausgangspunkt und Sinnbild aller Katastrophen, ist des Menschen Schuld. Und das ist offenbar eindeutig, entnehmen wir der am Montag (10.08.2021) in Genf veröffentlichten Erkenntnis des Weltklimarates. Die deutsche Forschungsministerin Anja Karliczek übersetzt das für dpa, für die Deutschen und letztendlich für die ganze Welt so: „Wir erwarten, dass der neue Bericht des Weltklimarates auch die allerletzten Zweifel ausräumt, dass der Mensch Hauptverursacher des Klimawandels seit Beginn der Industrialisierung ist.“ Kopiert ist das Zitat aus der Nachricht der Tagesschau am 09.08.2021,
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/weltklimarat-bericht-vorab-101.html.
Hier werden Sie dann praktischerweise gleich bildlich und filmisch mit dem griechischen Feuer weiterverlinkt. Nicht vom Regen in die Traufe also, sondern mitsamt aller Menschheitsschuld tief hinein in die Bilder aus der Hölle.

Nun fordern ungewöhnliche Zeiten ungewöhnliche Mittel. Oder ungewöhnliche Antworten. Klimaaktivistin Greta Thunberg hat wieder eine gefunden: Sie schmückt das Titelblatt der Modezeitschrift Vogue. Mit Pferd, Wald und Gewand. Das Bild finden Sie überall: auf Twitter, im Spiegel, in der Deutschen Welle, im Kölner Stadt-Anzeiger. Und auch hier geht’s ungewöhnlich weiter: Christian Bos schreibt eine Bildbetrachtung, und wer den Kölner Stadt-Anzeiger regelmäßig liest, weiß, dass das ein Grund für große Vorfreude sein kann.

(Die Papierausgabe am 10.08.2021 bildet das Vogue-Cover ab, der Internet-Artikel vom 09.08.2021 liegt nicht hinter Bezahlschranke, zeigt das Bild über Twitter, das funktioniert aber offenbar nicht oder nicht immer:
https://www.ksta.de/kultur/magazin-cover-wie-die--vogue--greta-thunberg-zur-heiligen-verklaert-38974388
Das Bild finden Sie u.a. auch bei der Deutschen Welle:
https://www.dw.com/de/greta-thunberg-auf-dem-cover-der-skandinavischen-vogue/g-57231426)

Bos ist mit Worten so treffsicher, dass er, sofern er will, auf der einen Seite seinen Gegner fest im Griff hat und auf der anderen Seite sein Leser ihm immer dicht auf den Fersen bleibt. Manchmal auch an seinen Versen klebt. Und nur selten bleibt die Achtung dabei auf der Strecke. Nämlich dann, wenn’s ums Heilige geht. Für alles Menschliche, und das ist ja auch richtig so, hat Bos bei allem Spott immer auch eine Spur von Verständnis. Fürs Heilige eher selten. Die Unterzeile zur Bos'schen Bildbeschreibung ist, angesichts des Vogue-Titelblattes, also ein mächtiger Grund für große Vorfreude: „Wie die ,Vogue’ Greta Thunberg zur Heiligen verklärt“.

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Ärztlicher Einsatz nach der Flut

 Ärztliche Hilfe nach der Flutkatastrophe: Unorthodox, nicht immer regelkonform, allermeistens aber improvisiert und oft mit einfachen Mitteln. Die Ärzte-Zeitung hat sich in Bad Neuenahr umgesehen. Neuer Bericht vom 05.08.2021:
https://www.aerztezeitung.de/Politik/Aerzte-praktizieren-nach-der-Flut-mit-einfachsten-Mitteln-421824.html

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Kommt sie oder kommt sie nicht? Die Impfpflicht - und ihre Geschichte

Klima- und Stimmungswandel im zweiten Corona-Sommer, vielleicht nicht plötzlich und nicht unerwartet, aber irgendwie doch eigenartig unisono: Die Impfpflicht muss her, so der Auf- und Abgesang der Medien am 28. Juli. Nicht nur seismologisch sprachempfindsame Menschen hatten diesen Stimmungswandel schon lange vorhergesehen. Spätestens seit sich die Impfmüdigkeit und die Bilder von leeren Impfzentren nicht mehr wegdiskutieren lassen, Ärzte erschrocken, verärgert oder achselzuckend berichten, dass sie den Impfstoff von Astrazeneca entsorgen müssen, weil ihn hier keiner will und weil er aus Verfallsgründen nicht in ärmere Länder gespendet werden kann, spätestens seit diese Fragezeichen nicht mehr mit Antworten zu füllen sind – oder findet jemand es nicht lächerlich, mögliche Impfkandidaten mit Geschenken zu überzeugen? – spätestens also seit Vorvorvor-Gestern ist die Drohung mit der Impfpflicht salonfähig geworden.

Und ausgerechnet der Kanzlerkandidat der CDU, der die Freiheit hochhalten wollte und sich der Impfpflicht verbal verweigert hatte, könnte den Impfpflichtbefürwortern noch Öl ins Feuer gegossen, Holz in den Schuppen und Eis in den Kühlschrank gelegt haben: Es gehört sich medial offenbar unbedingt, über den Kanzlerkandidaten, der immer so knapp neben seiner Fortune doch lieber in den Fettnapf tritt oder sein Zuhause in der Unpopularität sucht, zu lächeln, zu lästern oder fundiert zu mäkeln. Und der Kanzlerkandidat selbst kann sich noch nicht aufraffen zur Rolle des Rächers der Enterbten. Damit wird man nicht Kanzler, damit wird man höchstens Robin Hood.

Für die Impfpflicht ist es nach der Wahl aber möglicherweise zu spät. Denn dann könnte sie auf die lange Bank geraten. Vielleicht ist das auch der Grund für die laute Einstimmigkeit der Sänger von der Impfpflicht. Auch sie wissen ganz genau: Wenn Impfpflicht, dann vor der Wahl.

Um die Meinungsbildung ein wenig zu unterfüttern, mit Nachrichten und Geschichte, hier wieder eine kleine, nicht repräsentative Linksammlung:

Hier die Links:

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Kaspar Hauser - oder die pandemische Veränderung unseres sozialen Alltags

Wer den Namen Dagmar Henn googelt, stößt vor allem auf Missfallen. Und das ist noch extrem vorsichtig ausgedrückt. Denn er findet auch Beleidigungen, die an Anstößigkeit und Unanständigkeit nicht mehr zu überbieten sind. Das ist wichtig zu wissen, denn die Frau die in München bei den LINKEN agiert, die regelmäßig Artikel auf Russia Today veröffentlicht, eckt überall an. Und das mit Absicht. Einen Wikipedia-Eintrag ist ihr dennoch nicht vergönnt.

Und wer sich breitflächig durch die Nachrichtenwelt im Hinblick auf die Pandemie googelt, der stößt zurzeit, und das ist neu, auf Nachdenkliches, Rückblickendes, Bewertendes, Forderndes. Es scheint, als ob die Gesellschaft die Pause, die das Virus uns vor einer erwarteten vierten Welle noch lässt, sich ihrer selbst und ihrer Veränderungen zu vergewissern sucht.

Genau das macht auch Dagmar Henn in ihrem jüngsten Gastbeitrag auf Russia Today (28.07.2021). Sie bebildert das Ausmaß der Vereinsamung und Isolation, zu der die Pandemie beigetragen hat – und sie bemüht dafür Kaspar Hauser. Den Jungen, der in Einsamkeit aufgewachsen, sich später trotz allen Bemühens in und mit der Gesellschaft schwer tat – und der seither als Bild für Bindungslosigkeit und Isolation herhalten muss.

Dagmar Henn würde im weltweiten Web gewiss nicht so viel Verachtung und Spott hinterhergeworfen werden, wenn sie nichts Bedeutendes zu sagen hätte. Schreiben kann sie. Das Bild von Kaspar Hauser irritiert und verstört – und hält den Leser zuerst einmal protestbereit. Doch dann erkennen Sie, sofern Sie dieser Leser sind, ganz gewiss Vieles von dem wieder, was die Autorin aufzählt. Sie trägt Eindrücke zusammen, ist dabei ausgesprochen fleißig. Und sie bringt zur Sprache, was gewiss viele fühlen: Nach der Pandemie sind wir uns fremd. Der Abstand, den wir halten, löst sich keineswegs wieder von allein auf. Und die Haltung, die wir – wenn auch aus Sachzwängen heraus – den anderen Menschen gegenüber einnehmen, lässt sich nicht so einfach zurücknehmen. Selbst dann nicht, wenn wir es wollen.

Glauben Sie nicht? Ganz einfaches Beispiel – nicht nur aus meinen Leben: Es ist deutlich schwieriger geworden, mit fremden Menschen in einen Aufzug zu steigen. Mit einem höflichen Gruß, einem kurzen Nicken ist es längst nicht mehr getan. Wenn Sie freundlich sind, gucken Sie nämlich, ob es dem anderen recht ist, dass sie zu- oder miteinsteigen. Wenn Sie nicht freundlich sind, überlegen Sie vielleicht dennoch, ob es den anderen vielleicht stört, wenn Sie so dicht .... Aber unfreundlich, wie Sie gerade aufgelegt sind, wischen Sie diesen Gedanken weg. Vielleicht nervt es Sie mittlerweile auch, dass Sie ständig überlegen müssen, wem Sie wie nahe kommen dürfen. Dann wischen Sie deswegen den Gedanken weg. Bis Sie fertig sind mit ihren Gedanken, dem nötigen oder dem unnötigen Abstand, der geforderten oder geschuldeten Höflichkeit, ist der Aufzug längst angekommen, Sie grummeln ein „Schönen Tag noch“, wenn Sie freundlich sind. Wenn Sie unfreundlich sind, grummelt ihr Magen und Sie ignorieren ihn.

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Virale Wahlhilfe

Man muss sich ständig neu erfinden, um in der Medienwelt immer wieder mitten in die Kamera lächeln zu können. Nun lächelt das Coronavirus zwar eher selten – oder selten sichtbar –, aber es erfindet sich ständig neu. Angefangen mit Alpha, Beta, Gamma, Delta. Wobei das nichts Neues ist, das Mutieren gehört für Viren zum Berufsbild wie das Klappern zum Handwerk.

Das Coronavirus aber ist ein wirklicher Shooting-Star unter den Viren, das seine Auftritte professionell vorbereitet und jetzt auch offenbar mit dem Taschenrechner punktgenau terminiert. Versprach uns Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor wenigen Tagen noch eine mögliche Inzidenz von 800 im Oktober,
https://www.dw.com/de/spahn-warnt-vor-corona-inzidenz-von-mehr-als-800-im-oktober/a-58582453

so weiß heute Kanzleramtsminister Helge Braun wesentlich genauer Bescheid: Zur Bundestagswahl am 26.09.2021 werden wir möglicherweise eine Inzidenz von 850 haben, sagte er der „Bild am Sonntag“. Interviews in der „Bild am Sonntag“, wir wissen das, und das Coronavirus weiß das jetzt offensichtlich auch, dienen immer dazu, die Tagespolitik ab Montag in andere Richtungen zu lenken. Sofern der Interviewpartner hochrangig genug ist. Beim Kanzleramtsminister müssen wir von dieser Hochrangigkeit wohl ausgehen. Die „Bild am Sonntag“ hat – offen lesbar für alle – genauso offensichtlich auch Vergnügen am eigenen Interview. Zitat:

Kanzleramtsminister Helge Braun (48) ist Politiker und Mediziner. Im Kampf gegen Corona greift er zum Taschenrechner.“

Mit Taschenrechner und Mathematik beweist Mediziner Braun die 850er-Inzidenz, die in neun Wochen eintreten wird blitzschnell. Genauso blitzschnell rechnet die Bild die neun Wochen um. Es ist der 26. September!
Helge Braun im BILD-Interview: „Geimpfte werden mehr Freiheiten haben“ - Politik Inland - Bild.de

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Schweinereien im Journalismus: Beförderung einer Kreuzung zum Nuklear-Schwein

Das Portal news.de untertitelt sich mit „mehr als Nachrichten“. Auf Wikipedia firmiert es als deutschsprachig, überregional und boulevardjournalistisch.
https://de.wikipedia.org/wiki/News.de

Und da der Boulevard zum Flanieren gedacht ist, muss man sich schon mal herausputzen – „mehr als Nachrichten“ – eben. Von Fakenews wollen wir hier nicht sprechen, das wäre ja auch eher weniger als die Nachrichten.

Das Mehr in einer Nachricht vom 10.07.2021 besteht im Wesen der Mutanten von Fukushima. Dort haben sich nämlich, als nach der Reaktorkatastrophe die Menschen ihre Schweine im Stich lassen mussten, die Hausschweine mit den Wildschweinen gepaart. Herausgekommen sind eben diese Mutanten, die bei News.de als Nuklear-Schweine firmieren. Hinreichend wäre es vollkommen, von einer Kreuzung zu sprechen, wie sie im Tierreich nicht unüblich ist.

Die Beförderung zum Nuklearschwein allerdings ist unredlich, die Redakteure ahnen das womöglich, ich zitiere samt mutierter Grammatik:

„Die Forscher behauptet außerdem, dass bei den Wildschweinen zwar Radioaktivität nachgewiesen wurde, die Studie aber keine Verbindung zwischen Radioaktivität und der Entstehung der neuen Hybridart herstellt.“

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Zukunft mit Mehlwurm: Lebensmittel und Plastikfresser

Wahrscheinlich haben Sie’s auch irgendwie verpasst: Wir stecken schon mitten in der Zukunft, die uns vor kurzem noch in Aussicht gestellt wurde. Der Mehlwurm, sie nennen ihn neuerdings den gelben Mehlwurm, ist in der EU als Lebensmittel zugelassen. Eine Durchführungsverordnung gibt es auch schon: Er ist im Lebensmittelregal nun willkommen als Zutat oder Snack. Erstmal sind die Rechte für fünf Jahre bei dem französischen Unternehmen, das den Antrag gestellt hatte. Ausnahmen gelten für alle die, die schon vorher eine Mehlwurm-Lebensmittel-Verkaufs-Erlaubnis hatten, informiert das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL).
https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/01_lebensmittel/2021/2021_05_04_PI_Mehlwurm.html

Wenn Sie im Hinterkopf haben, dass der Mehlwurm uns demnächst vom Fleischessen abbringen soll: Bei den derzeitigen Preisen können wir allenfalls selbst vom Fleisch fallen. Noch ist der Mehlwurm mehr Gag als Snack: 222 Euro pro Kilogramm Mehlwurm, so ein Angebot bei Amazon. Macht 8,88 Euro für die 40-Gramm-Tüte, in der die Würmer verkauft werden. Es geht aber auch auf dem freien Markt deutlich günstiger: Als Ab-Hof-Produkt fand ich sie für 14,99 Euro pro 500 Gramm. Die „Koch-Würmchen“ sind dann sogar schon vorgekocht.

Aber Achtung: Auch wenn die Würmchen gut verträglich sein sollen, so sind sie nichts für Allergiker. Wer gegen Krustentiere und Hausstaubmilben allergisch ist, der sollte sich den Mehlwurm (und wahrscheinlich auch alle anderen Insekten) sparen, informiert auch das BVL. Unbedacht scheint mir dagegen das Problem einer Protein-Überdosierung. Die vielgelobten und -geliebten Eiweiße können nämlich durchaus auch zu viel werden und nicht nur Menschen mit Leberproblemen Bauchschmerzen bereiten. Hier gilt: Alles eine Frage der Dosis. Bei den derzeitigen Preisen erübrigt sich diese Frage wahrscheinlich noch vollkommen.

Dass der Preis so hoch ist, hat gewiss mehrere Gründe. Auf der Hand liegt der Grund mit der Nachfrage: Die wenigsten von uns wollen tatsächlich Insekten in ihren Speiseplan integrieren. Und schon gar nicht täglich. Der andere Grund: Die Produktion von Mehlwürmern ist offenbar aufwendig und zeitintensiv. Aber in Karlsruhe gibt’s eine geförderte Firma, die sich als „Game Changer“ betrachtet. Sie will die Zucht der Mehlwürmer revolutionieren und Mehlwürmer mit den Nebenprodukten der Lebensmittelindustrie füttern – oder mit den Lebensmitteln, die „aus dem Verkauf genommen werden“. Das Ziel ist kein geringes: Es geht um den Grundstein für den Wandel der Ernährung der Weltbevölkerung.
https://www.alpha-protein.de/

Sollten Sie jetzt die Zeichen der Zeit erkannt haben, aber im Portemonnaie nicht genügend Geld, um mit dem Wandel der Ernährung zuerst einmal bei sich selbst anzufangen: Man kann Mehlwürmer auch selbst züchten. Sie brauchen etwa eine halbe bis anderthalb Stunden Zeit – täglich. So heißt es auf einer der vielen Bloggs, die eine bildreiche Anleitung dafür geben. So könnten sie zum Selbstversorger werden, bevor überhaupt der Boom beginnt. Hier ein paar Mehlwurmzucht-Links:

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Die Folgen der Askese: Essen ohne alles ...

Pizza ohne Käse, Pizza mit Käse, der in Wirklichkeit aber gar kein Käse ist, Schnitzel ohne Fleisch, Würstchen ohne Wurst, Sekt ohne Alkohol: Die lebensmitteltechnologische Deklination des Wörtchens „ohne“ kennen wir rauf und runter. Aus der Presse, aus dem wirklichen Leben, aus der Werbung. Nur die hochprozentigen Spirituosen sind noch immer vollständig „mit“. Und zwar mit Prozenten. Aber die Spirituosen sind ja auch eher was für Alkoholiker oder für Ausnahmen.

Schön waren ja bis vor Kurzem auch die Haribo-Tüten, auf denen ein Hinweis verkündete: „Ohne Fett“. Das steht dort mittlerweile nicht mehr. Jetzt wurde das Schildchen ersetzt durch die Aufschrift „Zum Teilen“.

Nun ist das Wörtchen „ohne“ an und für sich ja überhaupt nicht tendenziös oder programmatisch. Auch nicht subversiv, alternativ, verlogen oder verbogen. Es zeigt einfach nur das Fehlen von Etwas an. Das kann programmatisch oder gesund sein, und es kann Teil einer Vertuschung sein mit Gewinnmaximierung als Absicht, zum Beispiel. Und manchmal kommen beim „Ohne“ auch alle möglichen Absichten und Erkenntnisse zusammen.Zum Beispiel dann, wenn der Kunde in der Pommesbude die klassische Pommes "mit ohne alles" bestellt. Das ist Purismus, Askese und Genusssucht aufs Grundlegendste vereint. Wenn aber nun ein Kunde in den USA beim Subway einen Tuna-Sub bestellt, dann liegt die Absicht zur Askese möglicherweise gar nicht bei ihm selbst.

Die US-Kette Subway scheint nämlich dort so etwas wie veganen Thunfisch ohne Fisch entdeckt zu haben, den sie allerdings keineswegs als solchen vermarktet oder gar bekennt. Veranlasst durch den Auftrag einer Journalistin, konnten Labore im Thunfischbrötchen von Subway nämlich keinen Thunfisch, also keine DNA, nachweisen. Die Kette Subway selbst hält diesen Test für eine Episode aus dem Kapitel, Anwälte profilieren sich auf Kosten der Lebensmittelindustrie, und beteuert, dass der Thunfisch bei ihnen unbedingt aufs Brot kommt – und zwar im Mix mit Mayonnaise.

Nachzulesen, mit mehr Infos, bei den Stuttgarter Nachrichten, 23.06.2021:
https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.untersuchung-der-new-york-times-labor-findet-keinen-thunfisch-im-subway-tuna-sub.2a12bc84-d1b4-4e9a-8fea-ea565c6f78db.html

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