Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach setzt sich für ein Ende der „sogenannten deutschen Lösung“ ein. So die Überschrift beim BR, der redlicherweise dazusetzt, dass es dabei um explodierende Kosten geht. Klar, die Frage nach der großdeutschen oder der kleindeutschen Lösung ist längst entschieden und Vergangenheit. Diskutiert 1848 – und mit der Reichsgründung auf kleindeutsch gelöst. 1938 ließ sich Hitler als Verwirklicher der großdeutschen Lösung feiern – nach dem „Anschluss“ Österreichs. Auch Vergangenheit.
Wer sich durch alte Zeitungen blättert, findet dort allerlei „deutsche Lösungen“. Oder Forderungen nach ihr. Die Inhalte wechseln. Gerne sollte auch dann und wann die soziale Frage eine „deutsche Lösung“ finden. Zumindest in Absichtserklärungen. Gerne bediente das Wort von der „deutschen Lösung“ nach 1945 die Hoffnungen auf Wiedervereinigung.
Wie auch immer: Zu einem Fachterminus ist die „deutsche Lösung“ niemals geworden (ausgenommen die groß- und die kleindeutsche Lösung). Das liegt auf der Hand, denn inhaltlich ist sie zu unstet. Andere Zeiten, andere Probleme, andere Lösungen. Den „deutschen Lösungen“ in der Zeitungssprache der Vergangenheit ist aber immer eines gemein: das politische Ziel. Klar, darin sind auch gern mal Phrasen und Hohlräume versteckt. Auch Wunschvorstellungen. Und Ideale. Aber immerhin: Die Suche nach der „deutschen Lösung“ war immer in die Zukunft gerichtet.
Nun also plädiert der Bundesgesundheitsminister für ein Ende der „sogenannten deutschen Lösung“. Klar, die Geschichte und Geschichten mit ihren wechselnden Lösungsvorschlägen auf Deutsch meint er nicht. Was er als „deutsche Lösung“ beschreibt ist, zitiert aus dem Artikel beim BR: „Alles bleibt wie es ist, aber jeder bekommt mehr Geld“. Zuvor hatte er der „deutschen Lösung“ das schöne Wörtchen „sogenannt“ vorangestellt. Soll suggerieren: Wir alle kennen dieses Schlagwort in diesem Zusammenhang oder wir sollten es kennen. Vielleicht macht es ja auch in Berlin seine Runde. Vielleicht sollen wir es jetzt und hier aus Lauterbachs Mund erst kennenlernen. Und vielleicht ist Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gar nicht der Urheber dieses Schlagwortes, das offenbar den Spott gefressen hat, mit dem – ja wer denn eigentlich – einst geprügelt wurde.
Ja, natürlich möchte jeder mehr Geld. Und ja, natürlich möchte niemand, dass sich dafür seine Umstände ändern. Und nein: Das ist nicht deutsch, es ist allgemein menschlich. Es ist tatsächlich keine Lösung, das will uns Karl Lauterbach ja auch sagen. Mehr Geld ohne ein Anders geht nicht, so der Sinn seiner Rede. Aber eine spezifisch „deutsche Lösung“ ist dieses Verhalten, das die Hand öffnet, ohne den Fuß zu versetzen, ganz gewiss nicht.