Gut, dass gestern Montag war! Zeit für journalistische Recherche, nicht nur dem Impfschwänzer hinterher. Der Kölner Stadt-Anzeiger zum Beispiel hat gründlich gearbeitet und widmet dem Thema aus verschiedener Perspektive verschiedene Betrachtungen und Artikel. Das Wichtigste vorweg: Dem Impfschwänzer wird wohl keine Strafe drohen, sagt auch Jens Spahn*. Die Häufigkeit der unabgesagten und verfallenen Impftermine wird mit 3 bis 6 Prozent angegeben, je nach Impfort (Hausarzt, Impfzentren) sind die Zahlen verschieden. Und ebenso wichtig: Den Impfzentren geschah – bis vergangenen Donnerstag – in der Regel kein Schaden, denn die Impfdosis wird immer erst aus dem Kühlschrank genommen, wenn der Impfling da ist. Hieß also fürs Impfzentrum und den Hausarzt bis vergangenen Donnerstag: Umdisponieren, Warteliste abarbeiten, Impfstoff einen Tag länger aufbewahren. Das war ganz gewiss organisatorischer Aufwand, aber so verfiel – zumindest bis zur Stiko-Kreuzimpfungsempfehlung – kein Impfstoff.
Dann kam eben dieser Donnerstag und die Stiko hatte empfohlen, Astrazeneca-Erstgeimpften beim zweiten Mal einen mRNA-Impfstoff zu spritzen. Seit der Empfehlung zur Kreuzimpfung ist’s mit den ausfallenden Impfterminen erst recht ein Kreuz. Bei den Hausärzten, so zitiert der Kölner Stadt-Anzeiger, Oliver Funken vom Hausärzteverband Nordrhein**, stieg die Rate die Ausfallquote rasant von 3 auf 20 Prozent. Der Anteil der nichtabgesagten Termine ist hierbei nicht benannt, wohl aber die Folge der ausgefallenen Termine: Astrazeneca-Impfstoff verfällt jetzt. Die Zahlen der Impfzentren: Am Freitag hätten rund 20 Prozent der Impfkandidaten, die zum Impfen ins Impfzentrum gekommen sind, das Impfzentrum wieder ungeimpft verlassen – da kein mRNA-Impfstoff angeboten werden konnte.
So die Sachlage. Wie zu erwarten war, redet nach den sonntäglichen Strafpredigten jetzt kaum noch jemand von Gebühren für Impfschwänzer. Allein der organisatorische Aufwand von Androhung bis Abrechnung würde ja die Höhe der Einnahmen möglicherweise schnell übersteigen.
Wir sollten aber dennoch die Suche nach den eigentlichen Tätern nicht aus den Augen verlieren. Denn es gibt sie, die Schuldigen. Und wenn es nicht Menschen sind, so sind es menschengemachte Ursachen, die dafür sorgen, dass die Impfterminierungen heftig durcheinandergeraten. KV-Chef Andreas Gassen hat ein paar von ihnen gefunden. Da trotz Aufhebung der Priorisierung Impftermine Mangelware waren, hat der gemeine Impfkandidat, der Vorsorge betreiben wollte, sich nämlich gleich mehrere Termine organisiert.Sicher ist sicher. Und sicher bin ich mir, dass das kein Spaß für ihn war, sondern Panik. Und sicher ist die Panik geschürt worden. Ein anderer Grund den Gassen benennt, sei in manchen Fällen die Schwierigkeit gewesen, das Impfzentrum überhaupt telefonisch zu erreichen.
Und dann kam ebendieser Donnerstag mit der Nachricht, am besten sei es, Astrazeneca kreuzweise, Sie wissen schon. Und nicht zu vergessen: Wissen Sie noch genau, wann jeweils welcher Abstand für welche Impfung angesagt war? Mal kurz, mal lang, mal mindestens 6 Wochen, mal unbedingt kürzer. Sicher, im Umgang mit neuen Pandemien und neuen Impfstoffen muss man erst Erfahrungen sammeln. Die Erfahrung, die Impfkandidaten seit Mitte Januar sammeln konnten, lautet: Empfehlungen kommen aus heiterem Himmel und können, aufs Ganze gesehen, durchaus vollkommen widersprüchlich sein. Das kann einem die Entscheidung für und gegen eine Impfung schon mal grundsätzlich schwer machen. Denn der Versuch, eine persönliche Entscheidung mit Verstand zu fällen, scheitert im Dschungel sich plötzlich wandelnder Empfehlungen. Die Wandlungen aber spiegeln sich dann im Ausfall der Termine. Plötzliche Umentscheidungen - auch aus heiterem Himmel sozusagen.