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Zur Verkabelung der Frau - eine spöttische Analyse

Zugegeben: Mein Puls schlägt nicht immer mit dem Geist der Zeit und mein Ohr überhört auch schon mal die Taktschläge des Zeitgeistes. Meist lässt sich eine verpasste Wahrnehmung dann schnell korrigieren, denn das gute am Zeitgeist ist: Er ist oft konform. Mit wenigen Analogieschlüssen kann also der oder die Zeitlose wieder Schritt halten, mit denen, die da geistig auf der Höhe der Zeit sich wähnen.

Doch bei der Anzeige eines Discounters half mir meine Fähigkeit, in Analogien zu denken, kaum weiter. Im Gegenteil: Dort wird nämlich ein kabelloser BH angepriesen.

Wie bitte?

Kein Zweifel, diese Anzeige muss ein Mann entworfen haben. Und dieser Mann muss, ganz in Gedanken vielleicht, das Kabel mit dem Bügel verwechselt haben. Und auf die Bügel kann der BH tatsächlich gern verzichten. Wie auf vieles weitere auch: es gibt nämlich nicht nur bügellose BHs, es gibt nahtlose BHs und sogar trägerlose BHs. Formlose BHs mag es auch geben, vielleicht nicht unbedingt in der Werbung. Stillose BHs gibt es garantiert nicht in der Werbung. Still-BHs hingegen schon. Aber BHs ohne Kabel? Was sagt das aus über das Bild der Frau? Muss die Frau im Allgemeinen erst verkabelt werden, um am Zeitgeist angeschlossen zu sein? Sicher, dann bedeutet der kabellose BH nun eine grenzenlose Befreiung. Und die Frau wäre dann wieder auf der Höhe ihrer Zeit: Denn auch die Musik spielt längst kabellos. Laptop und Maus kommen ebenso ohne Kabel aus wie Akkurasenmäher und viele, viele andere Elektrogeräte. Kabel? Vielleicht noch auf dem Bau.

Hat man diese Befreiung erst begriffen, leuchtet einem auch sofort ein, warum dieser BH ein Komfort-BH ist! (Auch hier ist es spannend, nach rückwärts zu denken: Wenn es lohnenswert scheint, den Komfort eines BHs anzupreisen, lässt das doch nur den Rückschluss zu, dass der Komfort beim BH keineswegs Standard ist. Wobei: Als Frau braucht man so weit nicht denken, der komfortlose BH liegt garantiert ungeliebt in irgendeiner Ecke im Schrank.)

Also: Mit Komfort und ohne Kabel. Klasse.

Nachdem der Mann, der mutmaßlich beim Schreiben der Discounteranzeige geistig nicht ganz in der Gegenwart war …

…  aber wann zum Teufel wurden denn eigentlich Frauen verkabelt? Oder sollten wir hier lieber auch noch über Kabelbinder nachdenken? Sollte die Frau mit dem Kabel im BH eigentlich nur angebunden werden? Ohne Strom? Richtig. Man muss Frauen nicht unter Strom setzen, das schaffen die von ganz alleine. Zum Beispiel beim Tragen eines komfortlosen BHs. Und auch der trägerlose BH ist in der Lage, die elektrische Spannung innerhalb der Frau drastisch zu steigern. Dann nämlich, wenn sich herausstellt, dass es dem trägerlosen BH wirklich an Trägern mangelt. Er sich also quasi haltlos auf dem Weg nach unten begibt.

Zurück zum Mann: Der hat die Anzeige entworfen und Fehler passieren uns allen. So dachte ich. Nachdem ich mich gebührend amüsiert hatte.

Und irgendwann ahnte ich: Nein, es ist alles ganz, ganz anders. Ich bin es mal wieder selbst, die nicht auf der Höhe der Zeit ist, den Zug verpasst hat, den Schuss nicht gehört und die Wahrheit nicht gesehen hat. Der kabellose BH hingegen ist frei verkäuflich. Fast überall, wo es Damenunterwäsche gibt.

Auf der Suche nach der Ursache, manchmal braucht der Groschen halt lange, bis er endlich fällt, vermutete ich dann den BH mit Kabel ursächlich in den USA. Oder bei den Briten. Das Lexikon hilft aber nicht weiter: Das Kabel heißt cable. Und nichts anderes. Der Bügel für den BH wird aber in den USA gern als wire bezeichnet. Draht. Das ist offen und ehrlich und beschreibt die Sachlage genau.

Aber dann habe ich online einen Bra gefunden, vom Aussehen her würden Sie und ich das Ding Top nennen: Mandala Yoga Cable Bra. Es handelt sich hier um ein kurzes Leibchen mit vielen Bändern, die sich im Rücken hübsch verkreuzen. Vorn ist dieses Hemdchen schlicht gehalten – und auch an Stoff wurde gespart. Darin verpackt ist eine schöne, schmale Frau, die auf einen Bra locker auch ganz verzichten könnte. Aber wie gesagt, dieser Bra ist vielleicht eher ein Top. Nicht trägerlos, aber halterlos.

Was ich damit andeuten will: Vielleicht ist der kabellose BH ein Trend, der über den großen Teich geschwommen kam. Nachweisen kann ich das über Google nicht ganz. Auch hier muss wieder die Analogie herhalten: Wenn Sie einen bra with cable suchen, erhalten sie augenblicklich Ergebnisse, die sich als bra with wire kennzeichnen. Da muss also das cable als Suchwort fürs wire gleich mit eingegeben worden sein.

Und dann gibt es noch ein Fundstück: das „Cable-Knit Bra Top“. Auch hier habe ich lange auf der Leitung gestanden, wo die Kabel verlegt sind. Das Lexikon hilft weiter: Cable-Knit ist das Zopfmuster, und das Bra Top ist genau das, was man vermutet: Ein Top, so kurz wie ein langer BH. Gestrickt mit Zopfmuster. Auch hübsch.

Trotzdem noch mal zurück auf Anfang. Selbst wenn das cable pattern oder cable knit auf Deutsch nichts weiter als ein Zopfmuster ist, selbst wenn man und frau und mensch bestrickend schöne Bras herstellen können, die die Frau gerne auch drüber und keineswegs drunter tragen soll, selbst dann bleibt doch die Frage:

Wo kann ich einen BH mit Kabel kaufen und warum sollte ich das tun?

 

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