Ein Arzt als Papst - Rückblick in die Geschichte
Krankheit, Tod und die baldige Beerdigung von Papst Franziskus haben weltweit Aufmerksamkeit und Anteilnahme erregt – auch unter Nicht-Katholiken. Jeder kann derzeit und überall lesen, wie Papst Franziskus beerdigt werden soll und wie der nächste Papst gewählt wird. Und auch die Namen derer, die für die Wahl zur Debatte stehen, sind in aller Munde. Immer mit dem Hinweis, dass eine Papstwahl nicht selten zu völlig unerwarteten Ergebnissen geführt hat.
Vielleicht ist das ja ein Anlass zu einem spannenden Rückblick auf einen ganz anderen Papst. Nämlich einen, der zuvor von Beruf Arzt war. Sein bürgerlicher Name: Petrus Hispanus. Der Portugiese ist bisher in mehr als 2000 Jahren der einzige Arzt geblieben, der es bis zum Papst gebracht hat. Er hat in Paris an der Sorbonne studiert, unter anderem bei Albertus Magnus, in Salerno und Palermo hat er seine medizinischen Kenntnisse erweitert und sich den Titel „professor artis medicinae“ erworben. Viel bekannt ist nicht über seine Wirken, aber seine medizinischen Werke sind legendär. Im „Thesaurum pauperum“ ist eine Rezeptsammlung überliefert, die als „Schatz der Armen“ auch den Patienten ohne Reichtümer Heilung bringen konnte. Seine weiteren Themen: Augenheilkunde, Chirurgie, Schwangerschaftsabbruch und Empfängnisverhütung.
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_XXI.
(Wohl darauf wird ein Spiegel-Artikel gegründet sein, hinter Bezahlschranke, veröffentlicht am 17.07.2023, Titel: „Des Sexratgeber eines Papstes aus dem Mittelalter – Für Fleischeslustige“
https://www.spiegel.de/geschichte/sexratgeber-eines-papstes-aus-dem-mittelalter-fuer-fleischeslustige-a-931a9046-6e4d-422f-99bc-1a2aa382a464)
Petrus Hispanus wurde am 13.09.1276 in das höchste Kirchenamt gewählt und gab sich den Namen Johannes XII. Er übte dieses Amt allerdings nur bis zum 20.05.1277 aus. An diesem Tag brach das Gewölbe der Bibliothek über ihm zusammen, die er im Vatikanischen Palast in Viterbo hatte bauen lassen.
Über seine medizinische und seine päpstliche Tätigkeit berichtete ausführlich Denis Durand de Bousingen in der Ärzte-Zeitung am 10.05.2025:
https://www.aerztezeitung.de/Panorama/Johann-XXI-Der-einzige-Arzt-im-Papstamt-448160.html
Ob Petrus Hispanus, der spätere Papst, auch derselbe Petrus Hispanus ist, der als bedeutender Logiker de 13. Jahrhunderts gilt, ist umstritten. Bousingen geht in der Ärzte-Zeitung davon aus, dass Arzt und Logiker (und Papst) ein und dieselbe Person sind. Während Wikipedia vom „gleichnamigen, möglicherweise mit diesem identischen“ Mediziner spricht:
https://de.wikipedia.org/wiki/Petrus_Hispanus
Seine Namensgebung ist, historisch betrachtet, ein wenig abenteuerlich bis fabulös. Faktisch gesehen, hätte er den Namen Johannes XX. bekommen müssen. Doch die bis dahin gültige Zählung, so die Erklärung bei Wikipedia, hätte um das Jahr 984 einen angenommenen Papst namens Johann nicht mitgezählt. Und so sei man davon ausgegangen das Johannes XIV bis XIX. falsch gezählt worden seien.
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_XX.
So weit, so sachlich nachvollziehbar. Im Kölner Sonntags-Anzeiger vom 23.04.1882 tritt aber ein nur gekürzelter Leserbriefschreiber eine Debatte los, die sich noch acht Jahre später in der Rheinisch-Westfälischen Arbeiter-Zeitung wiederfindet. Demnach hätte Papst Johannes XXI. die Zahl 21 gewählt, weil er es als unbillig empfunden habe, dass Päpstin Johanna nicht mitgezählt worden sei. Die Geschichtswissenschaftler halten diese Päpstin Johanna mittlerweile nahezu geschlossen für eine Erfindung, deren Herleitung auf verschiedenen Wegen möglich ist. Sicher ist: Die Legende von einer Päpstin, die ein Kind geboren hat, kam im 13. Jahrhundert auf, also in dem Jahrhundert des Johannes XXI. Hielt man anfangs das 11. Jahrhundert für die Zeit ihres Papsttums, war es später das 13. Jahrhundert. Nicht ausgeschlossen also, dass Papst Johannes XXI. ihr tatsächlich einen Platz in der Liste lassen wollte.
Kölner Sonntags-Anzeiger 23.04.1882 (in der vierten Spalte, ziemlich am Ende):
https://zeitpunkt.nrw/ulbbn/periodical/zoom/1737656
Rheinisch-Westfälische Arbeiter-Zeitung, 28.08.1900 (in der zweiten Spalte, ziemlich oben):
https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/22236371
Über die (fabelhafte) Päpstin Johanna, die als Johannes Anglicus firmiert haben soll, berichtet Wikipedia hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/P%C3%A4pstin_Johanna
Eine weitere Besonderheit seines Papsttums: Johannes XXI. war der vierte Papst im Jahr 1276. Ein Vier-Päpste-Jahr gab es bisher kein zweites Mal.
Damit ist es aber noch nicht genug an Besonderheiten um das Papsttums Johannes XXI. Er hatte nämlich eine Bulle Papst Gregors X. außer Kraft gesetzt. Dieser hatte das Konklave als Form der Papstwahl begründet, um die Wahl so erstens gegen Einflüsse von außen zu schützen und zweitens die zeitliche Dauer einer solchen Wahl einigermaßen begrenzt zu halten. Zum Beispiel durch die Verringerung der Essensausgaben, wenn nach drei Tagen kein Papst gewählt ist. Johannes XXI. hat diese Bulle widerrufen. Mit dem Ergebnis, dass die Wahl seines Nachfolgers ein halbes Jahr gedauert hat. Allerdings war es auch die kleinste Papstwahl der Geschichte: Sieben Kardinäle wählten Papst Nikolaus III. zum Nachfolger:
https://de.wikipedia.org/wiki/Papstwahl_1277#Wahlberechtigte
Und falls Sie irgendwo lesen, dass kein anderer Papst außer Johannes XXI. Medizin studiert hat, dann verweisen Sie auf Papst Johannes XXII. Der Sohn eines Schuhmachers, Jacques Arnaud Duèze mit Namen, hat nämlich seine Laufbahn begonnen mit einem Medizinstudium in Montpellier. Anschließend Rechtswissenschaften in Paris. Er war der erste Papst, der nur in Avignon residiert hat. Seine Amtszeit dauerte von 1316 bis 1334.
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