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Schweigen gegen Corona

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Von Matthias M. - Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6834699

Immer wieder gibt es Menschen, die behaupten, dass die Pandemie auch gute Seiten hat. Ich gehöre eindeutig zu dieser Gruppe Mensch. Und habe jetzt einen Beweis gefunden, der bestimmt nicht nur für mich erfreulich ist: In München und auf Mallorca und dem Vernehmen nach auch auf Ibiza dürfen oder sollen – je nach Art der Regelung – die Menschen im öffentlichen Nahverkehr nicht mehr reden. Die Palette der Möglichkeiten reicht da ja vom Redeverbot bis zum Schweigegebot.

Da ist es nicht weit zurück bis zum Sprichwort: Reden ist Silber, Sie wissen schon. Vielleicht sollten wir ja jetzt, da die Gelegenheit günstig ist, alle auf die Goldmedaille in der Straßenbahn trainieren. Wir müssten dazu ja nur die Lippen zusammenkneifen, bedeckt ist der Mund sowieso schon. Und zwar medizinisch einwandfrei. Stellen Sie sich das mal vor: Sie sitzen in der Straßenbahn oder im Zug – und Sie müssen nicht zuhören, wie die Mutter dem Sohn erklärt, dass er die Pizza nur ohne Folie in den Ofen schieben darf. Auch Schatzi und Mausi kreisen nicht mehr um ihre Ohren. Und erst recht nicht die Empörung, dass er oder sie eines Morgens eine andere oder einen anderen im Bett. Nein, das wollten wir wirklich noch nie wissen – und schon gar nicht so ganz genau, wie es sich bei einer Straßenbahnfahrt unter Umständen nur schwer vermeiden lässt.

Gut, die Kehrseite ist: Sie dürfen ebenfalls nicht Ihre bessere Hälfte anrufen, dass Sie gleich nach Hause kommen, der Chef im Büro wieder ätzend und die Maske im Gesicht verrutscht, kurz: Sie müssen auch den Schnabel halten.

Mein Dilemma: Was soll ich denn in diesen Zeiten in München oder auf Mallorca? Und wie komme ich dort in die Straßenbahn? Und was soll ich da überhaupt. Ich bin doch in Köln zuhause – und für Köln sieht’s schlecht aus: Der Kölner Express hat gleich den Pressesprecher der KVB gefragt, ob in Bus und Bahn das Schweigen gegen Corona nicht zum Programm werden könnte. Doch der KVB-Sprecher möchte lieber appellieren als verordnen. Und zwar an unsere Vernunft. Denn eines weiß er ganz genau: Kontrollieren kann man das ja nicht. Die Sprecher anderer öffentlicher Nahverkehre reagierten da übrigens ganz ähnlich.

Sollten wir, die wir ja längst mündige Bürger sind, die dem Appell sich kaum verweigern können, nicht allmählich damit anfangen, nicht nur unsere Vernunft einzusetzen, sondern darüber hinaus noch die religiösen Möglichkeiten, die sich aus der gesamten pandemischen Lage ergeben, voll ausschöpfen? Beginnend zum Beispiel mit einem Schweigegelübde in der Straßenbahn. Die Folgen der Geschwätzigkeit sind ja biblischerseits auch sehr konkret benannt: „Wer seine Zunge hütet, bewahrt sein Leben; wer aber mit seinem Maul herausfährt, über den kommt Verderben.“ (Sprüche, 13,3).

Haben wir uns im Schweigen geübt, geht’s weiter zur nächsten Stufe. Das wäre möglicherweise die Berufung: „Rede Herr, dein Diener hört.“ ( 1 Samuel, 3). Der Satz, den der junge Samuel zum Herrn sagen soll, ist immerhin der Grundstein einer Karriere als Prophet.

Prophetisch sind auch die folgenden Worte des Matthäus-Evangeliums: „Ich sage euch aber, dass die Menschen Rechenschaft geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort, das sie reden.“ (Mt, 12,36)

Die Weisheit, dass das Schweigen Gold ist, ist jedoch noch sehr viel älter als das Matthäus-Evangelium: Schon im Talmud heißt es nämlich: „Ist ein Wort einen Sela wert, ist Schweigen zwei Sela wert.“

Nun fragen Sie sich bestimmt, ob und wie ich wieder die Kurve zur Straßenbahn zurückbekomme? Ist ganz leicht, ich nehme einen anderen Propheten zuhilfe, nämlich Jesaja: "Machet Bahn, machet Bahn! Räumet den Weg, hebet die Anstöße aus dem Wege meines Volkes!" (Jes 57,14)

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