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Keine Sterbehilfe für Ungeimpfte

Nein. Übers Sterben macht man keine Witze. Zumindest nicht, wenn der Tod sich in unmittelbarer Nähe befindet. Man kann über das Sterben auch nur schwer eine Glosse schreiben. Und warum sollte man auch? Der Tod ist eine ausgesprochen ernste Angelegenheit.

Darum läge es dem Verein für Sterbehilfe gewiss vollkommen fern, über das Sterben Witze zu machen oder gar eine Glosse zu verfassen. Warum sollte er auch? Sein Auftrag ist es, seinen Mitgliedern das selbstbestimmte Sterben zu ermöglichen und sie dabei zu begleiten.

Da ist nicht nur kein Platz für Komik, da ist auch kein Bedarf. Und doch: Manchmal spielt einem das Schicksal, das Leben, die Sprache, die Psyche – oder wer auch immer – einen Streich. Diese Ereignisse aus dem Reich der ungewollten Komik reichen aber oft nur für den Kurzbesuch im Fettnapf. Wer sich noch größere Mühe gibt, es an Feinsinn nicht mangeln lässt und überhaupt eine größere Reputation oder Ehre vorzuweisen hat, der landet nicht im Fettnapf, bei dem heißt das Unglück, das oft ein sprachliches ist, in gehobenem Deutsch „Realsatire“.

Auch der Verein für Sterbehilfe ist natürlich den Gefahren der Komik ausgesetzt. Auch wenn sich das für seine Inhalte und Absichten so gar nicht geziemt. Dabei ist zuerst einmal gar nichts Ungewöhnliches passiert. Es ist nur: Ungeimpfte müssen draußen bleiben. Einen solchen Pudel hat sich natürlich noch niemand als Schild an die Eingangstür gehängt. Braucht auch niemand, dafür ist ja der Gesetzgeber da. Und um die Ungeimpften nicht in ihrer grundgesetzlich versicherten Freiheit einzuschränken, regelt der Gesetzgeber 2G und 3G. Manchmal gibt’s, ganz ohne Gesetz, auch schon 1G. Im Prinzip ist das aber nichts anderes als das alte Schild mit dem Pudel: „Wir müssen draußen bleiben.“ Das sagen übrigens die Ungeimpften mittlerweile ängstlich, zuvorkommend und eigenständig schon dann, wenn noch niemand sie vor die Tür setzen wollte. Oder sie kommen erst gar nicht. Und bleiben draußen.

Zurück zum Verein für Sterbehilfe: Der hat die Zeichen der Zeit, die Plakate und die Hinweisschilder längst verstanden – und muss, das ist ja auch verständlich, seine Mitarbeiter schützen. Daher kündigt der Verein für Sterbehilfe eine neue Regel für seine Mitglieder an: Nur genesene und geimpfte Mitglieder haben nun noch Zugang zur Sterbehilfe.  

Wenn Sie nun also Vereinsmitglied sind, aber ungeimpft, und Sie wollen trotzdem sterben: Ihr Verein für Sterbehilfe berät sie nun nicht mehr, und er hilft Ihnen auch nicht mehr zu sterben. Das liegt natürlich am Coronavirus, vor dem der Verein seine Mitarbeiter schützen muss. Sprachlich ausformuliert wird’s irgendetwas zwischen denk- und preiswürdig:

„Sterbehilfe und die vorbereitende Prüfung der Freiverantwortlichkeit unserer sterbewilligen Mitglieder gebieten menschliche Nähe. Menschliche Nähe aber ist Voraussetzung und Nährboden der Corona-Virusübertragung.“
https://www.sterbehilfe.de/sterbehilfe-nur-noch-fuer-geimpfte-und-genesene/

Nein, kein Witz, keine Glosse. Nicht einmal echter Zynismus. Denn ein wichtiges Kriterium für den echten Zynismus ist, dass er gesellschaftliche Konventionen missachtet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Zynismus

Das tut der Verein für Sterbehilfe nicht. 2G und 3G sind als gesellschaftliche Konventionen mittlerweile fraglos anerkannt. Ja, sie werden nachgerade zum Standard. Die Bundesregierung hat gestaffelte Werte für die Hospitalisierungsrate beschlossen – und je nach Höhe der Hospitalisierungsrate dürfen Ungeimpfte körpernahe Dienstleistungen unter diesen und jenen Umständen nicht in Anspruch nehmen. Hinter 2G verbirgt sich ja, dass der Besuch beim Friseur, bei der Fußpflege, der Massage für Ungeimpfte nicht mehr stattfinden. Auch nicht mit Test. (Wobei noch immer nirgends schlüssig erklärt wurde, warum ein getester Ungeimpfter gefährlicher sein soll als ein ungetesteter Geimpfter, der das Virus unerkannt weitergibt.) Und der Arzt? Was macht der eigentlich mit den Ungeimpften? Oder wollen wir das lieber gar nicht so genau wissen?

Sterbehilfe jedenfalls gibt es nun also auch nicht mehr für die Ungeimpften, denn sie setzt ja menschliche Nähe voraus.

Das reizt ja dann doch noch zur Glosse, der Tod möge deswegen ein bisschen zur Seite treten. Der Verein für Sterbehilfe hat in den vergangenen zehn Jahren 2000 Mitglieder beraten und 300 Mitglieder beim Suizid begleitet. So die Formulierung auf der Web-Site, mit Stand November 2020:
https://www.sterbehilfe.de/ueber-uns/

Zugespitzt, sprachlich vollkommen überzogen und juristisch durchaus zweifelhaft, also nur hinter vorgehaltener Hand, muss man die 2G-Regel in der Sterbehilfe doch wohl übersetzen mit: „Wir töten keine Ungeimpften.“ Ohne Hand vorm Mund und sprachlich korrekt muss es eher so heißen: „Ungeimpften besorgen wir weder Medikamente, noch stehen wir ihnen vor und beim Sterben bei.“ Aber auch das hat der Verein so nicht gesagt. Die Überschrift des Textes auf der Web-Site des Vereins lautet, positiv gewendet: „Sterbehilfe nur noch für Geimpfte und Genesene“.
https://www.sterbehilfe.de/category/aktuelles/

Vielleicht hat damit aber auch alles seine Richtigkeit: Der Ungeimpfte will ja im Allgemeinen genau eines nicht: Sterben. Insofern schützt der Verein für Sterbehilfe die Ungeimpften, sofern doch sterbewillig, vor dem Tod, indem er sie vor menschlicher Nähe schützt, die da der Nährboden für das Coronavirus ist. Das ist nicht unbedingt gegen seinen Vereinsauftrag, denn der Ungeimpfte hat ja implizit zusammen mit seiner Impfverweigerung eine Lebenswillenserklärung abgegeben. So ist also die Entscheidung des Vereins, seine Mitarbeiter zu schützen, auch irgendwie reziprok wirksam. Das aber wiederum nur für die Ungeimpften, die jetzt nicht mehr betreut werden.

Nein, Sie merken schon. Irgendetwas in der Betrachtung des Vereins für Sterbehilfe liegt so seltsam im Bereich menschlicher Abgründe, dass es auch mit Witz nicht zu packen ist. Ich sag’s ja: Keine Glosse zum Thema Sterben. Das kann nur schief gehen.

Also ab ins Lyrische:

Ich nehme an, dass ich nicht die Einzige bin, die Schillers „An die Freude“ niemals bis zu Ende gelesen hat? Wer da mit mir im selben Reigen tanzt, der lese sich hier aufs Ende zu. Kopiert bei Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/An_die_Freude

Festen Mut in schwerem Leiden,
Hülfe, wo die Unschuld weint,
Ewigkeit geschwornen Eiden,
Wahrheit gegen Freund und Feind,
Männerstolz vor Königstronen, –
Brüder, gält’ es Gut und Blut –
Dem Verdienste seine Kronen,
Untergang der Lügenbrut!
C h o r.
Schließt den heilgen Zirkel dichter,
schwört bei diesem goldnen Wein:
Dem Gelübde treu zu sein,
schwört es bei dem Sternenrichter!

Rettung von Tirannenketten,
Großmut auch dem Bösewicht,
Hoffnung auf den Sterbebetten,
Gnade auf dem Hochgericht!
Auch die Toden sollen leben!
Brüder trinkt und stimmet ein,
Allen Sündern soll vergeben,
und die Hölle nicht mehr seyn.
C h o r.
Eine heitre Abschiedsstunde!
süßen Schlaf im Leichentuch!
Brüder – einen sanften Spruch
Aus des Todtenrichters Munde!

Den Impfgegnern auf der Spur: Mediale Ursachensuch...
Landarztstudenten haben in Mecklenburg-Vorpommern ...

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Kommentare 1

Mechthild Eissing am Samstag, 20. November 2021 15:55

Spöttische Reaktionen in den sozialen Medien sammelt Russia Today, RT, am 20.11.2021:
https://de.rt.com/inland/127400-verein-sterbehilfe-sterbehilfe-nur-noch/

Spöttische Reaktionen in den sozialen Medien sammelt Russia Today, RT, am 20.11.2021: https://de.rt.com/inland/127400-verein-sterbehilfe-sterbehilfe-nur-noch/
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