Corona und der Sommer 2024 - eine Betrachtung von seitwärts
Dass „FLiRT“ kein Rechtschreibfehler ist, haben Sie sicherlich schon mitbekommen. Und gewiss haben auch Sie sich gefragt, welcher Spaßvogel sich diesen Namen für eine Corona-Variante ausgedacht hat. Dann haben auch Sie gelesen, dass die Buchstaben F, L, R und T für bestimmte Mutationen stehen. Man hätte aus dem „FLiRT“ aber mit ebensolch sprachlicher Leidenschaft einen „LuRFT“ bauen können. Oder gar einen „RuLFT“, eine „FuRLT“, „FaRLT“ usw.
Aber ja, der „FLiRT“ überzeugt am meisten. Droht diese Bezeichnung angesichts ihrer doppelten Bedeutung doch mit einem freundlichen Lächeln von ebendiesem abzuraten. Zumindest ihm mit Vorsicht zu begegnen. Da aber alles fließt und auch der „FLiRT“ nicht folgenlos bleiben kann: Seine Tochter ist schon geboren, eine weitere Mutation. Sie heißt „FLuQUE“.
(Nachzulesen unter anderem in der FR, 15.07.2024,
https://www.fr.de/panorama/kp-3-symptome-tests-warnzeichen-fluqe-flirt-gesundheit-corona-variante-zr-93180936.html
Die Apotheken-Umschau informiert am 12.07.2024 über beide Varianten:
https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/infektionskrankheiten/coronavirus/corona-neue-varianten-kp-zwei-und-kp-drei-dominieren-deutschland-1118877.html)
Beide Varianten haben ihren Auftritt jetzt. Mitten im Sommer. Offenbar verlaufen beide Varianten milde. Was auch eine Folge der Durchimpfung sein kann. Die Experten sind da unterschiedlicher Meinung.
Wer nun meint, dass „FLiRT“ und „FLuQUE“ vor allem ein Nachrichtenfüller in Zeiten des Sommerlochs sind, der hat sich natürlich völlig getäuscht. Die Zahl der Corona-Erkrankungen steigt nachweislich, notiert ntv. Danach ist jede achte Laborprobe mit Corona belastet. Unklar ist dabei Vieles – nicht nur die Grundmenge der Laborproben, von denen da ausgegangen wird. Unklar, und das ganz offen, ist auch die wirkliche Zahl der Corona-Erkrankungen. Denn: Wo kein Tester, da kein Dichter. Oder so ähnlich. Auch kein Wächter.
Das aber, ebenso wie die wirkliche Auswirkung, ist alles von nachrangiger Bedeutung. Wahr, und das wohl auch wirklich, ist: Die Zahl der Corona-Infektionen steigt. Deswegen müssen auch die Radfahrer der Tour de France wieder Masken tragen.
Und das ist das Schöne am Sommerloch: Noch gestern Abend war die Berichterstattung über die coronaren Nachwirkungen der Pandemie eher minimal, mit Sonnenschein behaftet und nicht ganz neu. ntv begann seinen Bericht (vom 11.07.2024) mit einem schönen Foto einer schönen Frau mit einem schönen Badeanzug auf einer vielleicht nicht ganz so schönen Liege, dem Fotografen zugewandt, der für uns aufs Meer blicken kann. Die schöne Frau hingegen kann auf den Fotografen blicken, ihren Cocktail mit Strohhalm in der Hand halten – und sie trägt die Maske im Gesicht. Ja, dieses Foto war als Witz gemeint. Der Text danach ist sachlich, informativ – und hält Sie auf dem Laufenden, sofern Sie laufen wollen:
https://www.n-tv.de/wissen/Infektionslage-in-Deutschland-Zahl-der-Atemwegserkrankungen-steigt-article25080344.html
Aber die Bericht-er-Stimmung hat sich seit gestern Abend geändert: Geben Sie mal in die Google-Suchleiste das Wort Corona ein. Und Sie werden haufenweise Nachrichten erhalten darüber, dass die Tour de France maskiert wird. Als Beleg sehen Bilder von nahezu gesichtslosen Rennfahrern: Auf dem Helm der Kopf, vor den Augen die Sonnenbrille, hinter der Maske der Mund. Ob dieser Mann wirklich die Toursieger Jonas Vingegaard ist, bleibt Ihrer Fantasie und ihrem Vertrauen überlassen. Aber gut, wir sind hier unterwegs bei der Süddeutschen Zeitung – und auch die Bildquelle klingt streng vertraulich.
(14.07.2024: https://www.sueddeutsche.de/sport/tour-de-france-corona-sorge-tour-fuehrt-maskenpflicht-wieder-ein-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-240714-930-173522)
Die Überschrift ist sachlich: „Corona-Sorge: Tour führt Maskenpflicht wieder ein“. Sie sind also schlagartig im Bilde. Sollten Sie doch noch bis zum Vorspann gelangen, erfahren Sie: „Offiziell gibt es kaum Corona-Fälle bei der Tour de France, …“ Aber sicher, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Und aus dieser Kiste bedienen sich gerade viele Medien, die nicht nur das Sommerloch füllen müssen, sondern auch die Sorge nicht sinken lassen wollen.
Nachtrag: Der MDR ordnet "FLiRT" der Rechtschreibung unter. Ein ebenso löbliches wie missverständliches Unterfangen. "Flirt-Varianten: Sommer-Coronawelle nimmt Fahrt auf". Möglicherweise war auch hier ein rechter Spaßvogel am Werk. Artikel vom 15.07.2024:
https://www.mdr.de/wissen/medizin-gesundheit/corona-sommer-welle-flirt-varianten-fallzahlen100.html
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