Salz und Haare in der Suppe - KI und Bluthochdruck
Uns Kölnern drohen morgen, 14.06.2025, 35 Grad.
Da wird’s dann jetzt wohl Zeit für einen persönlichen Hitzeschutzplan für Familie, Nachbarn und andere nahestehenden Menschen. Schließlich kennen wir die Notwendigkeit eines Hitzeschutzplans nicht erst, seit die neue Bundesgesundheitsministerin den Vereinen bei Hitze Bier und Bratwurst streichen will. Die Vokabel geht schon auf den Sommer 2023 zurück – also auf Karl Lauterbach. Damals hat das BMG einen „Hitzeschutzplan für Gesundheit“ aufgesetzt. Nachzulesen beim BMG, mit Fortschreibung in die Gegenwart:
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/hitze.html
Nun also ans Eingemachte. Beziehungsweise an die private Recherche: Wie sollen sich Menschen mit hohem Bluthochdruck bei Hitze verhalten? Nicht, dass die nötigen Ratschläge nicht alle schon internalisiert wären: Schatten, Wohnung kühl halten, trinken … alles klar. Trotzdem! Was sagt Tante Google zum Thema? Sie hat ja neuerdings Unterstützung von KI. Was die Suche schneller macht, denn die KI fasst schlicht zusammen, was wir sonst selbst auch rausgekriegt hätten. Nur nicht in demselben Tempo, oder? Schnell ist sie ja wirklich. Und auf jeden Fall macht sie seit Neuestem auch Quellenangaben. Das ist doch schön.
Das Gute an der KI: Ihr fehlt die schemenhafte Ausgestaltung als Bot. So brauchen wir sie nicht persönlich zu nehmen. Auch wenn sie – oder ist sie vielleicht doch männlich? oder gar ein neutrales ES? – uns gerne persönlich anspricht. Korrekt übrigens, mit dem höflichen Sie.
Aber nun zum Eigentlichen. Zum Salz in der Suppe. Oder zum Haar, das da auch schon mal darin herumschwimmt. Google-Abfrage mit dem Stichworten Bluthochdruck und Hitze. Die KI antwortet so schnell, wie wir es erwarten. Und unter der Fragerubrik „Was kann man tun?“ antwortet die Stimme aus dem Nichts oder das ES (nein gut, das Nicht existiert wahrscheinlich gar nicht wirklich und das ES ist eine reine Erfindung von Stephen King):
„Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Salzkonsum, um Wassereinlagerungen zu vermeiden, die den Blutdruck erhöhen können.“
(abgefragt am 13.06.2025, 10 Uhr: https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=bluthochdruck+hitze)
Jetzt sind Sie baff, oder? Das haben Sie auch nicht gewusst. Ausreichend Salz essen bei Bluthochdruck und Hitze! Wer hat denn da den Hund begraben und die Suppe versalzen?
Also auf zu den Quellen (und nicht unbedingt zu neuen Ufern!). Der angehängte Link leitet gleich weiter auf die Seite einer Apothekenkette namens "Combimed". Und die KI ist so nett, dass sie im Ursprungstext den Ort des Zitats farblich markiert. Es geht also tatsächlich alles ganz fix mit dem Recherchieren mithilfe der KI:
„Salz- und Flüssigkeitsaufnahme
Sommerliche Snacks und Getränke enthalten oft eine höhere Menge an Salz. Ein hoher Salzkonsum kann zu Wassereinlagerungen führen und den Blutdruck erhöhen. Achten Sie daher darauf, Ihre Salzaufnahme zu begrenzen und eine ausgewogene Ernährung mit frischem Obst und Gemüse zu wählen.“
Diese Empfehlung steht unter der großen Überschrift: „Sommerliche Hitze und Bluthochdruck. – Alles, was Sie wissen müssen“
Ja, so wussten wir das sicher alle bislang auch: Vorsicht mit dem Salz beim Bluthochdruck!
Aber was wir nicht wissen, sondern nur ahnen können: Wie kommt dieser Dreher zustande, den die KI uns da so kunstvoll vorgeführt hat? Wo doch nicht einmal eine Übersetzung die Zwischenschicht bildet, in der sich die Gegenteile schon mal ineinander verdrehen oder miteinander tauschen könnten. Die KI sagt wörtlich:
„Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Salzkonsum.“
Ein Sprachproblem? Wir sind geneigt, den Satz wie folgt zu lesen: „Sehen Sie zu, dass Sie genug Salz zu sich nehmen!“ Was aber, wenn die KI, oder das ES aus dem Nichts, unter „ausreichend“ was ganz anderes versteht? Nämlich: nur so viel, dass es ausreicht. Also das Minimum.
Möglich wäre es. Und dann wäre auch der zweite Teil des Satzes wieder richtig zu lesen:
„um Wassereinlagerungen zu vermeiden, die den Blutdruck erhöhen können“.
Alles nur gut gemeint? Und noch nicht gut gemacht? Ich höre schon die Stimmen derer, die mich immer dann bekehren wollen, wenn ich – hämisch, wie ich nun gerne mal bin – über die KI spotte. Sie wird besser werden. Ganz gewiss. Und dann ist Vieles im Leben ganz leicht.
Ja. Mag sein: Aber diejenigen, die in der Zwischenzeit mit Bluthochdruck bei Sommerhitze darauf achten, dass sie „ausreichend“ Salz zu sich nehmen, die können wir danach wahrscheinlich im Krankenhaus besuchen. Auf jeden Fall haben sie dann nicht nur das Salz in der Suppe ausgelöffelt, sondern auch noch die Haare darin gefunden. Während die KI im schlimmsten Fall das Kind mit dem Bade ausgeschüttet hat.
Was die Leistung der KI an dieser Stelle betrifft: Mit einem Ausreichend als Benotung kommt sie da gewiss nicht mehr hin. Eher schon mit einem Mangelhaft – wenn wir den guten Willen doch noch für die Tat nehmen wollen. Betrachten wir den guten Willen aber als Anfang allen Übels, dann muss es zweifelsfrei heißen:
„Setzen. Sechs!“
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