ePA: Am 29. April beginnt der Rollout - es bleiben Fragen und Probleme
Humor? Erfahrung? Die Praxisnachrichten der KBV haben über den Artikel, der die Eckdaten der Einführung der elektronischen Patientenakte die alten Weisheit gesetzt: „Hinterher ist man immer schlauer“. Die Gründe für diese Bemerkung werden gewiss vielfältig sein. Manche noch sehr gegenwärtig.
Terminlich: Ab 29. April beginnt der Rollout in den Praxen von Ärzten und Psychotherapeuten. Ab 1. Oktober ist die ePA für die Praxen verpflichtend.
Die Gründe für den weisen Verweis der KBV folgen dann im Text: „Mit dem Soft-Start kommt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) einer Forderung der KBV nach, die ePA erst dann verpflichtend einzuführen, wenn die Technik in den Praxen funktioniert.“ Auch andere Probleme konnten offenbar geklärt oder abgschwächt werden: Ärzte und Psychotherapeuten seien jetzt nicht mehr verpflichtet, die Daten von unter 15-Jährigen in die Akte zu stellen, wenn „gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles eines Kindes oder eines Jugendlichen“ vorlägen. „Damit haben Ärzte und Psychotherapeuten Klarheit, dass sie in den genannten Fallkonstellationen keine Daten einstellen müssen, die das Kindeswohl gefährden könnten.“
Zudem zählt die KBV weitere organisatorische Punkte auf, die sie mit dem BMG geklärt habe. Der Text ist vom 17.04.2025:
https://www.kbv.de/html/1150_74541.php
Eine Frage drängt sich auf: Was, wenn der Arzt nicht der Ansicht ist, dass „gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles eines Kindes oder eines Jugendlichen“ vorliegen, diese aber gleichwohl vorhanden sind?
Eine andere Frage nimmt Marie Claire Koch bei heise.de auf: Warum eigentlich ist die ePA nicht barrierefrei? Wo doch anzunehmen ist, dass gerade behinderte Menschen den größten Nutzen von eine Patientenakte haben könnten. Zumal der Zugang zur Patientenakte schon jetzt nicht jedem leicht fällt. Der unbedingt lesenswerte Text ist vom 24.04.2025:
https://www.heise.de/news/Elektronische-Patientenakte-Sozialverband-bemaengelt-fehlende-Barrierefreiheit-10360530.html
t-online hat die Zugangsschwierigkeiten für Senioren zur ePA im Blick, verspricht in der Überschrift Tipps, hilft aber dann doch nicht wirklich weiter. Denn die versprochenen Tipps für Senioren, die nicht mit Handy, Laptop und Apps vertraut oder sicher sind, fehlen dort, wo sie eigentlich stehen sollten. (Zumindest am 24.04.2025, 16:27 Uhr). Außerdem fragt t-online nach, wann es für Privatpatienten so weit ist. Der Text vom 24.04.2025 findet sich hier:
https://www.t-online.de/gesundheit/aktuelles/id_100691628/elektronische-patientenakte-epa-wichtige-tipps-fuer-senioren.html
Interessanter ist ein anderer Text von t-online: „Millionen Deutsche sagen Nein zur elektronischen Patientenakte“, heißt es schon in der Überschrift. Und im Laufe des Textes begreift der Leser, dass es tatsächlich keineswegs die Minderheit ist, von der bislang gesprochen wurde, die die ePA verweigert. Bei der IKK liegt demnach der Anteil derer, die die ePA abgelehnt haben, bei 9 Prozent. Weitere 1,4 Prozent lehnen bestimmte Anwendungen ab. Allerdings: Die Bundesregierung habe mit einer Ablehnung von 20 Prozent gerechnet. Dieser Text ist vom 22.04.2025:
https://www.t-online.de/gesundheit/aktuelles/id_100685974/elektronische-patientenakte-millionen-deutsche-verweigern-zustimmung.html
Soso – da hat die Bundesregierung mit einer Ablehnung von 20 Prozent gerechnet. Diese Zahl finde ich persönlich erstaunlich, in der Berichterstattung mag sie schon mal vorgekommen sein, an vorderster Stelle stand sie nicht. Ist diese Befürchtung nicht zugleich das Eingeständnis darüber, dass vieles an der ePA tatsächlich zweifelhaft ist? Denn Rücklaufquoten sind in der Regel niedrig, zumindest aber niedriger. Für schriftliche Umfragen gilt der Wert: Eine Rücklaufquote von 15 Prozent ist schon „bemerkenswert hoch“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Aussch%C3%B6pfungsquote
Nun, die Einrichtung Patientenakte ist natürlich sehr viel persönlicher als eine Umfrage, an der man nicht verpflichtet ist, teilzunehmen. Und eine nicht ausgesprochene Ablehnung hat eben die Konsequenz, dass eine ePA eingerichtet wird. Dennoch: 20 Prozent halte ich für einen hohen Wert, zumal wenn man die Zusatznutzen bedenkt, die die Patientenakte bringen soll. Nämlich die Daten für die Forschung. Da würden dann ja mal ein Fünftel der Erhebungsdaten nicht vorliegen, wenn tatsächlich so viele Menschen die Einrichtung einer Akte verweigern würden. Was, wenn diese Menschen auch noch alle ähnliche Krankheitsmuster hätten. Da könnte doch das Fünftel die ganze Statistik leicht verderben oder verfälschen.
Aber nein, so ist es ja nicht gekommen.
Stattdessen kommt Protest nun auch von den Apotheken. „Während das Bundesgesundheitsministerium den Schritt [Einführung der ePA] als digitalen Durchbruch feiert, mehren sich in Apotheken und Praxen die Bedenken. Technische Probleme, unklare Zuständigkeiten und wachsende Haftungsrisiken stellen viele Betriebe vor große Herausforderungen.“ Die Pressemitteilung, die darauf verweist, stammt von der „Aporisk“, einem Apothekenversicherer. Und die Gefahr wird im Folgenden konkreter benannt: Apotheken könnten damit zum Ziel von Cyberangriffen werden. Den Text vom 14.04.2025 finden Sie hier:
https://www.pressebox.de/pressemitteilung/aporisk-gmbh/epa-bringt-apotheken-in-bedrngnis/boxid/1245971
Eine kommentierende Analyse darüber, stramm links bis hinein ins Vokabular, wem die ePA wirklich nutzt, lesen Sie im Boykott-Aufruf der „jungen Welt“ vom 22.04.2025. Diesen Aufruf lohnt es, zu lesen. Allein schon wegen seiner Zuspitzung.
https://www.jungewelt.de/artikel/498493.ein-boykottaufruf.html
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