Forschung: Wenn's mit der Ethik schwierig wird
„Bevor soziale Robotik in der Medizin und Pflege Standard wird, müssen ethische Fragen geklärt werden.“
So lautet eine Bildunterschrift im Tagesspiegel am 14.03.2023. Sie haben’s gewiss gemerkt: Die Frage, ob soziale Robotik in Medizin und Pflege Standard wird, steht hier gar nicht wirklich zur Debatte. Vielleicht ist die kleine Konjunktion „bevor“ die Ursache. Und da wir ein Wort wohl kaum schuldig sprechen können, suchen wir die Schuld beim Texter. Vielleicht hat der einfach nicht verstanden, dass „bevor“ einfach nur nachzeitig ist. Nicht konditional. Will sagen: Die Option, dass die soziale Robotik in der Medizin und Pflege nicht Standard wird, gibt es nicht in diesem Satz. Erst werden die ethischen Fragen geklärt. Und dann geht’s los. Keine Rede davon, dass die Klärung der ethischen Fragen vielleicht Auswirkungen haben könnte, auch grundsätzliche.
Zu Ihrer Erleichterung sei gleich vorweggenommen: Das Projekt ist auch so gedacht, dass die ethischen Fragen praktische Folgen haben können. Denn nachdem diese ethischen Fragen geklärt sind, soll ein Regelkatalog entstehen. Das Ganze ist ein Forschungsprojekt mit dem wunderschönen Titel: „Ethics Guidelines for Socially Assistive Robots in Elderly Care: An Empirical-Participatory Approach“. Kann sich niemand merken. Gut, dass es Strg + V gibt, das erleichtert die Recht- und Abschreibung. Selbst für die Abkürzung E-cARE ist die Tastenkombination von Nutzen.
Es geht aber auch auf Deutsch und im ganzen Satz: Ziel ist es, herauszufinden, wie weit die Menschen bereit sind, Roboter in der Pflege zu akzeptieren. Robert Ranisch ist Leiter des Projekts und Juniorprofessor für Medizinische Ethik an der Universität Potsdam. Und der Tagesspiegel weiß: Der Mann fremdelt mit dem Begriff der Ethik. So sagt er selbst. Es gehe weder um Moral, noch um den ausgestreckten Zeigefinger. Denn er sei ein freiheitsliebender Mensch.
Schade eigentlich, denn der Diskussionsprozess, den er sucht, verspricht spannend zu werden. Und nein, ich möchte auf keinen Fall, dass ein freiheitsliebender Mensch ohne Vorliebe für Ethik und Moral den Regelkatalog aus den Antworten der Menschen herleitet, die an drei Wochenenden während einer Bürger:innenkonferenz auch in Pflegeeinrichtungen interviewt werden.
Der Tagesspiegel berichtet hier:
https://www.tagesspiegel.de/wissen/digitale-medizinethik-aus-potsdam-wie-konnen-roboter-in-der-medizin-eingesetzt-werden-9497207.html
Das Forschungsprojekt hat hier seinen Auftritt:
https://www.fgw-brandenburg.de/e-care/
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