Steuererhöhung zur Förderung der Gesundheit und des Klimas
Die Menschen in Deutschland bewegen sich zu wenig. Das ist bekannt, es ist nicht gesund – und wer sich berufen fühlt, will das ändern. Für die Menschen in Deutschland. Also für die anderen. Abgesehen davon, dass vielleicht so mancher Deutsche, der sich zu wenig bewegt, das auch gerne selber ändern würde, aber am Alltag scheitert.
Der Alltag in Deutschland ist geprägt von Verkehr: zur Arbeit, zum Kindergarten, zur Schule, zum Arzt, zum Supermarkt. Alles Ziele, die je nach Lebenssituation nicht immer in unmittelbarer Nähe liegen. Also nicht immer, vielleicht sogar eher selten, fußläufig sind.
Dann gibt es außerdem (und nicht nur) in Deutschland den Klimawandel. Und es gibt Menschen, die sich berufen fühlen, diesen Klimawandel aufzuhalten. Denn auch der ist, so wie er uns prognostiziert wird, bestimmt nicht gesund. Nicht nur für die Deutschen nicht.
So der Stand der Binsenweisheiten der medial und zwischenmenschlich gern mal hin- und hergeschoben wird und Ihnen ganz gewiss geläufig ist. Aber ebenso gewiss fehlt Ihnen bestimmt noch die ganze Tragweite des Problems. Denn:
Es gibt jetzt eine Lösung: Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat eine Studie erstellt und ist dabei zu einem ganz erstaunlichen Ergebnis gekommen: Die Mineralölsteuer muss erhöht werden. Das hätte nämlich Folgen für Mensch und Klima. Der Mensch bewegt sich nach der Erhöhung der Mineralölsteuer, er geht zu Fuß, er fährt Rad. Und deshalb bleibt er dann gesünder und verursacht weniger Kosten. Das Klima erholt sich auch, weil der Mensch (in Deutschland) die Kosten fürs Auto nicht mehr bezahlen kann, im günstigeren Fall nur einfach nicht mehr bezahlen will.
Was mit den Menschen passiert, die die höhere Mineralölsteuer wirklich nicht mehr bezahlen können, ihren Weg zur Arbeit aber unmöglich in angemessener Zeit zu Fuß absolvieren können, ist den Studienerstellern auch schon vor Augen: Sie bekommen Geld aus der erhöhten Mineralölsteuer.
Dolle Geschichte, oder? Und ich verspreche Ihnen: Nichts davon habe ich mir ausgedacht. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung informierte uns über seine Vorschläge am 13.10.2023 auf seiner Webseite (alle Links am Textende).
Untermauert wird das Vorhaben des Instituts mit Zahlen, die aus dem Nichts kommen könnten. Will sagen, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hält diese Zahlen für so naheliegend, dass es in dem Text für uns keiner Quelle bedarf. Die Gleichung ist so leicht wie einsehbar: Wer 2,5 Stunden pro Woche geht, verringert das Risiko für Demenz, Diabetes, Depressionen und Herzkrankheiten. Glauben wir alle gern und sofort – aber wieso 2,5 Stunden pro Woche? Das riecht danach, dass auch hierfür eine Studie vorliegt. Vielleicht haben das die Klimafolgenforscher auch selbst herausgefunden. Wir jedenfalls werden Mühe haben, die Quelle dieser Zahl im Text zu finden.
Es gibt aber noch etwas, was das Institut für Klimafolgenforschung gar nicht so ganz genau weiß: Es gibt nämlich keine Mineralölsteuer mehr. Gut, ich glaube, ich habe das bislang auch nicht wirklich gewusst. Denn in Wirklichkeit gibt es die Mineralölsteuer natürlich doch noch, wir reden ja auch ständig drüber. Sie heißt jetzt nur anders, und das sollte wissen, wer über sie schreibt. Seit 2006 heißt die Mineralölsteuer nämlich Energiesteuer. Das wurde notwendig, weil nun auch die Kohle in die Steuer aufgenommen wurde. Der Bund der Steuerzahler spricht hier von der „Harmonisierung der Energiebesteuerung.“
Der Bund der Steuerzahler weiß aber nicht nur, was steuerlich betrachtet harmonisch ist, sondern hat auch sehr konkrete Vorstellungen, wofür die Energiesteuer verwendet werden soll: für den Straßenbau und für die Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen. Wenige Zeilen höher hatte der Bund der Steuerzahler die Energiesteuer allerdings bewertet als ein „wenig geeignetes Mittel zum Erreichen umweltpolitischer Ziele“.
Hier kann dem Bund der Steuerzahler offenbar weitergeholfen werden. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung weist uns allen den Weg. Und der geht eben zu Fuß.
Bis hierhin habe ich mich in diesem Artikel brav an die Wahrheit gehalten. Vielleicht habe ich sie vereinfacht, und der eine oder die andere mag diese Vereinfachung für unzulässig halten. Nicht so einfach ist die Frage nach den Hintergründen. Ich vermute: Diese Frage ist zulässig. Bei meiner Antwort aber bewege ich mich ganz deutlich im Bereich des Unzulässigen. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung existiert seit 1992 – es wird finanziert zur Hälfte vom Bund zur Hälfte von Land Brandenburg. Von der Summe beider Hälften weiß übrigens Wikipedia hinwiederum nichts, auch wenn die Zahl öffentlich vorliegt: Das Portal „service.bund.de“, eine Seite von Bund, Ländern und Gemeinden mit ziemlich grundlegenden Infos, beziffert den Verbrauch des Instituts mit 11 Millionen Euro jährlich.
Das wäre doch genial, wenn die Erhöhung der Energiesteuer uns demnächst alle zu Fuß gehen ließe, so mit Sicherheit den Klimawandel ausbremst, (diese Spekulation ist ganz gewiss unzulässig und als Spott gemeint) – und zugleich zur Finanzierung der Forschung des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung beiträgt.
Ich wette, Sie sind nun erstaunt, welche Folgen der Klimawandel so alles haben kann.
Keineswegs aber werden Sie verblüfft sein, wenn ich Ihnen verrate: Sehr viel anders lagen die Dinge 1868 auch nicht. In der Zeitung „Der Wächter“, die „Wochenschrift für Minden-Ravensberg“ vom 27.03.1868 bin ich auf folgende Erkenntnisse gestoßen:
(Petroleumsteuer.) Von Zeit zu Zeit pflegt die himmlische Vorsehung sich der hilfsbedürftigen Menschheit anzunehmen und gewährt ihr neue Spenden. Als die Kinder Israels in der Wüste hungerten, warf sie ihnen Manna zu; als dem armen Mann das Brod zu theuer wurde, zeigte sie ihm die Kartoffel, und als er das Brennholz nicht mehr bezahlen konnte, gab sie ihm Coaks. Jetzt, wo das Brennöl fast ein Luxusartikel ist, läßt sie, ohne Rücksicht auf den Raps bauenden Junker, Petroleum sprudeln.
Die irdische Vorsehung aber nimmt das Geschenk des Himmels hin als vorzügliches Steuerobjekt.
(Schreibweise beibehalten, Coaks ist Koks)
Keine Frage, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung positioniert sich ganz nahe an der irdischen Vorsehung. Aber dieser Rückschluss ist selbstredend wieder vollkommen unzulässig.
Links:
Der Text des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung ist von 13.10.2023:
https://www.pik-potsdam.de/de/aktuelles/nachrichten/diabetes-demenz-depression-anpassung-der-mineraloelsteuern-kann-gesundheit-der-menschen-foerdern
Über die Finanzierung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung informiert service.bund.de:
https://www.service.bund.de/Content/DE/DEBehoerden/L/Leibniz-Gemeinschaft/PIK/Potsdam-Institut-fuer-Klimafolgenforschung-eV.html?nn=4641496
Wikipedia berichtet hier über das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung:
https://de.wikipedia.org/wiki/Potsdam-Institut_f%C3%BCr_Klimafolgenforschung
Nicht wirklich umfassend berichtet Wikipedia über die Mineralölsteuer, die 2006 zur Energiesteuer wird:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mineral%C3%B6lsteuer
Der Bund der Steuerzahler gibt seine Einschätzung über Möglichkeiten und Nutzen der Energiesteuer hier preis:
https://www.steuerzahler.de/aktuelles/detail/energiesteuer/?L=0&cHash=66935f448977e90c8ae17972e958e9e2
Den schönen Artikel aus dem „Wächter“ von 1868 finden Sie im Portal von Zeit.Punkt NRW gleich hier, auf der ersten Seite:
https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/4988288
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