NACHRICHTENPORTAL

Taubendreck und Medizin

Die Auflösung des Rätsels ruft noch mehr Pressewirbel hervor als die eigentliche Meldung: Am Wochenende waren unter einer Brücke in Düsseldorf herrenlose Abfalltonnen mit deutlicher biologisch-medizinischer Abfall-Kenn-Nummer gefunden worden. Naheliegender Schluss: Hier hat jemand Klinik- oder Medizin-Müll illegal entsorgt. Zugleich Entwarnung: Die Behälter seien genau für diesen Zweck, sie seien dicht – und sie würden überprüft.

Überprüfung und Recherche haben jetzt ergeben: Keine Medizin – Taubendreck. Eine Reinigungsfirma hatte Freitag gereinigt, aber noch nicht entsorgt. Heute ist Montag, das Rätsel gelöst. Hier nur der Link zur Auflösung:
https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/duesseldorf-hamm-vermeintlicher-medizin-muell-ist-nur-taubendreck_aid-35631851

„1 Kilo Nasskot pro Taube und Jahr, verkündete das Abfall-Manager-Magazin im März 2018 als Zahl des Monats. Und: Aufgrund seiner hohen Infektiosität muss der Kot als gefährlicher Abfall unter dem Schlüssel 180202 entsorgt werden.
https://www.abfallmanager-medizin.de/zahl-des-monats/eine-taube-verursacht-pro-jahr-bis-zu-12-kilogramm-nasskot/

Wer jetzt aber dennoch gerne über einen möglichen medizinischen Nutzen von Taubenkot spekulieren möchte, der sei gewarnt: Bei den Steintäfelchen aus dem ganz alten Irak, in denen Rezepturen mit Tauben- und Menschenkot als Heilmittel überliefert wurden, ist der „Abfallschlüssel" in jahrhundeterlanger Überlieferung verloren gegangen. Das Ergebnis: Ganze Jahrhunderte lang glaubten Doktoren an Rezep- und Tinkturen aus dem Reich Mesopotamiens, die aus Dreck und Kot gemixt wurden. Nicht überliefert ist – Gott sei Dank – wie viele Doktoren jahrhundertelang mesopotamisch herumdoktorten.

Was nämlich der Überlieferung fehlte, war der Geheimschrift-Codex: Die Mediziner hatten damals den Heilpflanzen D(r)ecknamen gegeben – damit eben nicht jeder herumdoktort. Der Drecksname war also sozusagen ein Kotwort (Codewort?).

Aufgedeckt hat die Kryptgrafie zum Taubendreck Franz Köcher im Jahr 2002 – kurz vor seinem Tod. Bis dahin hatte die Drecksmedizin aus Mesopotamien nicht nur Eingang in den Talmud und in die Schriften des Hippokrates gefunden. Auch im Deutschland machte sie – nach der Aufklärung – Furore: Als „Heilsame Dreck-Apotheke" des Franz Paullini im 17. Jahrhundert, deren vollständiger Titel lautet:


„Heylsame Dreck-Apotheke, wie nemlich mit Koth und Urin fast alle, ja auch die schwerste, gifftigste Kranckheiten und bezauberte Schaden, vom Haupt bis zu den Füssen, inn- und eusserlich, glücklich curirt worden, durch und durch nit allerhand curieusen, so nützlich- als ergetzlichen Historien und Anmerkungen, auch andern feinen Denckwürdigkeiten, bewährt und erläutert."

Fraunz Paullini, 1696

https://de.wikipedia.org/wiki/Dreckapotheke

Recherchiert hat die ganze Geschichte der Kot-Medizin Tina Suchanek für wissenschaft.de am 17. Juli 2007
https://www.wissenschaft.de/gesundheit-medizin/zum-wohlsein-seemannskot-und-taubendreck/

Wie zahlreich und vielfältig die Rezeption der Dreck-Apotheke bis in die heutige Zeit hinein ist und war, mag der geneigte Leser gern bei Wikipedia nachlesen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Franz_Paullini

Die Stimme des Kakaos: Von Gottheit und Gesundheit
Allergien durch Transplantation
 

Kommentare

Derzeit gibt es keine Kommentare. Schreibe den ersten Kommentar!
Bereits registriert? Hier einloggen
Gäste
Donnerstag, 15. Mai 2025

KBV Praxisnachrichten

PraxisNachrichten

Robert-Koch-Institut

Dies ist der RSS Feed des Robert Koch-Instituts zum Epidemiologisches Bulletin.

Neueste Kommentare

Mechthild Eissing Masern: Auch Erwachsene sollten ihren Impfschutz überprüfen
10. April 2025
In Antwerpen schlagen Krankenhausärzte Alarm: In einer Nacht wurden gleich vier Kindern mit Masern e...
Mechthild Eissing Lange Wege ins nächste Krankenhaus
04. März 2025
Über die Gebiete in Ostwestfalen-Lippe, in denen Patienten länger als 20 Minuten brauchen, um ins Kr...
Mechthild Eissing Dortmunder Krankenhaus setzt Bodycams ein
28. Februar 2025
Das Diako-Krankenhaus in Bremen setzt jetzt einen Sicherheitsdienst ein. Bericht bei "buten un binne...

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.