Es passiert in Baden-Württemberg, in Sachsen, in NRW – und vermutlich auch in allen anderen Bundesländern. Impfstoff verfällt. Vornweg der Ladenhüter Astrazeneca. Auswege gibt’s, wenn man zu Aktionismus und zu Aktionen bereit ist und man Zeit hat und Menschen, die die Organisation übernehmen. Doch bei den Hausärzten ist die Kette der Möglichkeiten oft zuende. Dort liegt Astrazeneca im Kühlschrank und keiner kommt. Hier eine kleine, aber wahrscheinlich doch wohl repräsentative Linkliste zum Thema:

Das Stadtmagazin Karlsruher Insider hat eine lapidare Erklärung: Die Inzidenz ist gesunken, die Impfling kneifen ob dieser Tatsache gern mal bei der Zweitimpfung. Der Artikel ist mehr ein versteckter Hilferuf, der Arzt, der Impfdosen wegschmeißen musste, bleibt ungenannt. Artikel vom 20.07.2021:
https://www.karlsruhe-insider.de/karlsruhe/kaum-nachfrage-astrazeneca-impfstoff-muss-in-karlsruhe-entsorgt-werden-80220/

In Köln haben einige Ärzte ebenfalls nach Hilfe gesucht und hofften darauf, dass ihnen das Impfzentrum die überschüssigen Dosen abnehmen würde. Das Impfzentrum darf aber nicht, wegen möglicherweise unterbrochener Kühlketten und mangelnder Sicherheit. Autorin Nina Klempt hat Hinter- und Vordertüren gesucht und Hinter- und Vordergründe aufgezählt. Bei der Schätzung der Impfdosen, die entsorgt werden oder vielleicht auch schon wurden, kommt sie auf eine Größenordnung mit vier Nullen am Ende. Umfangreicher, informativer Artikel, mit der Hoffnung darauf, dass sich Hinter- und/oder Vordertüren doch noch öffnen lassen. Artikel hinter Bezahlschranke, 21.07.2021:
https://www.ksta.de/koeln/-moralisch-nicht-vertretbar--zehntausende-corona-impfdosen-drohen-in-koeln-zu-verfallen-38923488

In Berlin könnten bis zu 100000 Dosen Astrazeneca auf dem Müll landen, berichtete Hildburg Bruns in der Berliner Zeitung schon am 18.07.2021:
https://www.bz-berlin.de/berlin/landen-100-000-impfdosen-in-berlin-auf-dem-muell

Die Neue Westfälische spekulierte schon Mitte Juli, dass Hunderttausende Dosen Astrazeneca zu verfallen drohen – und die Politik keinen Aus-, Rück- oder Umweg vorgesehen hat:
https://www.nw.de/nachrichten/zwischen_weser_und_rhein/23049652_Hunderttausende-Impfdosen-landen-bald-im-Muell.html

rbb stellt am 20.07.2021 den Impfstoffüberschuss hier den Mangel in anderen Ländern der Welt gegenüber – mit der Erkenntnis am Schluss, dass es für die Umorganisation der bald verfallenden Impfdosen in Arztpraxen jetzt auch zu spät ist:
https://www.rbb24.de/panorama/thema/corona/beitraege/2021/07/impfstoff-astrazeneca-vernichtung-haltbarkeit-kritik-aerzte-ohne-grenzen.html

Monika Bachmann, Gesundheitsministerin im Saarland, setzt sich dafür ein, dass 6000 Impfdosen von Astrazeneca, die im Saarland nicht genutzt würden, für Entwicklungsländer verwendet werden können. Aus Haftungsgründen ist das bislang nicht möglich. Eine „Todsünde“, so Bachmann, sei es aber, den Impfstoff wegzuwerfen. Bericht sol.de:
 https://www.sol.de/news/update/News-Update,579318/Bachmann-will-ungenutzten-Astrazeneca-Impfstoff-an-Entwicklungslaender-spenden,579494

Einig sind sich die Gesundheitsminister der Länder – selbstverständlich – dass möglichst wenig Impfstoff verfallen soll. Diese Einigkeit ist auch sprachlich dokumentiert, die Deutsche Welle berichtet am 19.07.2021:
https://www.dw.com/de/deutschland-steuert-auf-%C3%BCberangebot-an-corona-impfstoff-zu/a-58320569

Pragmatisch geht der MDR vor und betrachtet die logistischen Möglich- bzw. Unmöglichkeiten, die es bedeuten würde, die übrigen Impfstoffe aus den Artzpraxen einzusammen, um sie dann in andere Länder zu verschiffen. Und das alles binnen weniger Tage. Außerdem versucht Autor Lucas Grothe wacker, mit Zahlenmaterial den Überschuss zu verdeutlichen. Er kommt auch ziemlich weit, was Sachsen und Thüringen betrifft. In Sachsen-Anhalt herrscht Zahlenmangel – und die Bundesregierung nennt auch keine konkreten regionalen Zahlen. Rechnen ist aber möglich, und das tut Grothe auch. Bericht 19.07.2021:
https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/panorama/corona-astrazeneca-dosen-ueberlagert-100.html