Nun ist’s beschlossene Sache: Die Krankenkassen zahlen in Einzelfällen vorgeburtliche Tests auf das Down-Syndrom. Gestern (19.9.2019) fiel die Entscheidung im G-BA. Die Rede ist von engen Grenzen und begründeten Einzelfällen.

Ausführlicher dpa-Bericht in der Süddeutschen Zeitung, mit den Position von Politikern, Zentralkomitee der Katholiken und dem Behindertenbeauftragten der Bundesregierung (19.9.2019):
https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gesundheit-kassen-zahlen-im-einzelfall-test-auf-down-syndrom-vor-geburt-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-190919-99-937886

Ulla Schmict (SPD) fordert als Folge müsse nun im Bundestag schleunigst über eine gesetzliche Grundlagenregelung debattiert werden, die verhindert, dass als Folge dieser Regelung künftig Babys mit Behinderung vor der Geburt aussortiert werden. Silvia Engels hat ein Interview mit ihr gemacht, online beim Deutschlandfunk, 19.9.2019:
https://www.deutschlandfunk.de/trisomie-test-als-kassenleistung-down-syndrom-ist-keine.694.de.html?dram:article_id=459198

Auch die Badische Zeitung stellt heute (20.9.2019) ihrer Berichterstattung den Satz voran: „Zweifel bleiben“. Für den Artikel muss man sich registrieren, dann darf man monatlich fünf Artikel kostenlos lesen:
https://www.badische-zeitung.de/der-umstrittene-gentest--177448076.html

Der Kommentar von Christopher Jähnert auf der Web-Seite der Tagesschau hingegen bewegt sich im Bereich „entschiedenen Vielleichts“ – so der journalistische Jargon früherer Jahre. Der Kommentator hat wirklich alle Bedenken, Zweifel und Kritikpunkte genau im Blick, weiß um das ethische Dilemma – um dann mit dem G-BA gemeinsam zu dem Schluss zu kommen: Jedenfalls ist erst einmal Gerechtigkeit hergestellt. Wobei die Gerechtigkeit schlicht darin besteht, dass jetzt keine Frau, deren Schwangerschaft als Risiko oder Notlage definiert wird, die Kosten für den Bluttest tragen muss und an der bisher üblichen riskant(er)en Fruchtwasseruntersuchung vorbeikommt. Man wird beim Lesen den Eindruck nicht los, dass das Ziel dieses Kommentars ist, so gar keinem auf die Füße zu treten. Hier findet sich jede/r mit seiner eigenen Position irgendwie wieder (19.9.2019):
https://www.tagesschau.de/kommentar/bluttest-103.html

Alina Schadwinkel hat in der „Zeit“ dasselbe kommentatorische Problem – auch sie hält die Entscheidung des G-BA für die einzig richtige und mögliche. Diskutiert dann aber auf der ganzen Bandbreite über die Frage, ob und wie selbständig man sich für oder gegen Leben entscheiden darf und wie viel Verantwortung dabei auf den werdenden oder nicht-werdenden Eltern liegt. Wobei ihr Kommentar mit deutlichem Einfühlungsvermögen geschrieben ist – und das ethische Dilemma, das sich allein aus der Möglichkeit zur Abtreibung ergibt, eines der gesamten Gesellschaft ist, nicht allein ihres. Der Kommentar vom 19.9.2019 appelliert vielleicht auch deswegen eher an das ethische Verantwortungsbewusstsein der Gesellschaft,
https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2019-09/down-syndrom-bluttest-praenataldiagnostik-schwangerschaft

Ganz deutlich gegen die Entscheidung des G-BA treten die Grünen auf. Corinna Rüffert, behindertenpolitische Sprecherin der Fraktion, verweist darauf, dass nun jeder Schwangeren suggeriert werde, der Test sei sinnvoll. Und allein die Möglichkeit, dass die Krankenkasse ihn bezahle, berge das Risiko, dass sich künftig jede Frau rechtfertigen muss, die den Test nicht machen möchte. Ihre Stellungnahme ist im Artikel vom ZDF zu finden, 19.9.2019:
https://www.zdf.de/nachrichten/heute/gemeinsamer-bundesausschuss-laesst-trisomie-bluttest-als-kassenleistung-zu-100.html

Die Position des Zentralkomitees der Katholiken, die die Entscheidung für schädlich halten, weil sie das gesellschaftliche Klima verändert, findet sich auf der Web-Seite des ZK (19.9.2019):
https://www.zdk.de/veroeffentlichungen/pressemeldungen/detail/-Entscheidung-des-Gemeinsamen-Bundesausschusses-wird-sich-schaedlich-auf-unser-gesellschaftliches-Klima-auswirken--1270C/