„Wer schmeißt denn da mit Lehm? Der sollte sich was schäm’n. Der kann doch etwas andres nehm’n als ausgerechnet Lehm.“

Die Frage ist nicht ganz neu: 1913, Claire Waldoff.

 

 

Man muss nicht, man kann aber an Claire Waldoffs Lied denken, wenn man die plakative Polemik der Krankenhausgesellschaft(en) und des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach betrachtet. Beide Seiten bekleckern sich weder mit Ruhm, noch mit Lehm. Dafür aber gegenseitig mit Vorwürfen.

Plakativ sind die Plakate der Deutschen Krankenhausgesellschaft, auf die der Bundesgesundheitsminister bereits öffentlich antwortete, wohl bevor die Plakate veröffentlicht worden waren. Lauterbach hat das dann auf X selbst besorgt, die Plakate eingestellt, die Kampagne als unseriöse Hetzkampagne bezeichnet und die Deutsche Krankenhausgesellschaften in die Nähe der AfD gerückt. Wörtlich: „Damit argumentiert man nicht differenzierter als die AfD.“

Sie sehen: Der kann doch etwas andres nehm’n, als ausgerechnet Lehm.

Ja, es ist eine Kampagne, die die Deutsche Krankenhausgesellschaft da angezettelt hat. Und ja: Die Inhalte der Plakate sind drastisch: Sie drohen mit fehlenden Notaufnahmen, fehlenden Geburtsstationen und fehlendem Personal.

Aber hoppla: Lesen Sie mal die Zeitungen, schauen Sie die Nachrichten, schalten Sie das Radio ein: Geburtsstationen werden geschlossen, Notaufnahmen sind oft selbst in Not – und der Personalmangel? Allerorten. Die meisten Menschen werden nicht Zeitung lesen brauchen, um zu sehen, dass es in Krankenhäusern (und nicht nur dort) schon mal knapp ist mit dem Personal.

Und ja: All das will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ändern. Verständlich, dass ihm die Antworten der Krankenhausgesellschaften ungelegen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem er die Lage ändern will.

Aber Hetzkampagne?

Blöd ist: Über den Plakaten, die im Grunde genommen nicht schwärzer malen, als die Realität ist, steht’s in Großbuchstaben: „Wenn Lauterbach so weitermacht …“

Damit hätten wir dann also geklärt, warum der Bundesgesundheitsminister mit dem Vorwurf zurückschmeißt, die Krankenhausgesellschaft habe auf Ebene der AfD argumentiert.

Der Konflikt also, der ja tatsächlich ein großer ist, wird laut und plakativ ausgetragen. Die Folge: Der Marburger Bund, dem ja der Protest ein bedeutendes Mittel immer gewesen ist, distanziert sich von der Kampagne der Krankenhausgesellschaften.

Und die Moral von der Geschicht? Noch nicht geschrieben. Aber man kann den Eindruck gewinnen, dass die Schlammschlacht gerade erst begonnen hat.   

Hier nun die kleine Linkliste, chronologisch:

Die Rheinische Post, 12.03.2024, titelt: „Marburger Bund geht auf Distanz zu geplanter Klinik-Kampagne gegen Lauterbach“, macht aber gleich im ersten Satz klar: Reformkritik wird deswegen nicht zurückgenommen:
https://rp-online.de/politik/deutschland/aerzte-distanzieren-sich-von-geplanter-klinik-kampagne-gegen-lauterbach_aid-108716801

Spiegel, 12.03.2024: „Krankenhausgesellschaften beschweren sich bei Lauterbach über AfD-Vergleich“
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/karl-lauterbach-spd-krankenhausgesellschaften-beschweren-sich-ueber-afd-vergleich-a-6bf9fc08-a7d3-496c-a9bf-80c9a69aeff8

Ärzteblatt, 12.03.2024: „AfD-Vergleich: Landeskrankenhausgesellschaften empören sich über Lauterbach“
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/149916/AfD-Vergleich-Landeskrankenhausgesellschaften-empoeren-sich-ueber-Lauterbach

Ärzte-Zeitung, 13.03.2024: „Im Clinch – Krankenhausgesellschaften und Lauterbach beharken sich“https://www.aerztezeitung.de/Politik/Im-Clinch-Krankenhausgesellschaften-und-Lauterbach-beharken-sich-447961.html

Bild, 13.03.2024: „Wegen AfD-Vorwurf – Krankenhausbetreiber stinksauer auf Lauterbach“
https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/betreiber-auf-der-zinne-lauterbach-eskaliert-krankenhaus-zoff-auf-x-87497570.bild.html

ZDF, 14.03.2024: „Geld von Lauterbach verlangt - Krankenhäuser warnen vor Insolvenzwelle“
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/krankenhaeuser-insolvenz-geld-lauterbach-100.html

Spiegel, 14.03.2024: „Welle von Klinikinsolvenzen – Krankenhäuser wollen kräftige Finanzspritze von Lauterbach“
https://www.spiegel.de/wirtschaft/krankenhaeuser-fordern-kraeftige-finanzspritze-von-lauterbach-wegen-klinik-insolvenzen-a-7f86aadc-b538-476e-84e3-661a9ed82a88

Wirtschaftswoche (hinter Bezahlschranke), 14.03.2024: „Lauterbach verschleppt Klinikreform – die Folgen sind gravierend“
https://www.wiwo.de/my/politik/deutschland/pleiten-statt-aufbruch-lauterbach-verschleppt-klinikreform-die-folgen-sind-gravierend/29703480.html