Tja. So kann’s kommen. Da weisen Frauen immer wieder darauf hin, dass die Medizin männlich orientiert ist, der Durchschnittspatient männlich definiert, Frauen anders reagieren, nicht wahrgenommen werden, der Herzinfarkt bei ihnen ganz anders aussehen kann – und überhaupt: Seit Menschengedenken werden die Frauen übersehen. Zumindest kann man diesen Eindruck haben. An dem Vieles sicher auch richtig ist.

Thomas Gesterkamp, Journalist und Sozial- und Politikwissenschaftler, hat nun einen ganz anderen Eindruck, an dem Vieles sicher auch richtig ist: Es sind nämlich die Männer, die in der Medizin nicht richtig wahrgenommen werden. Und weil nach Allerheiligen und Allerseelen am 3. November der Weltmännertag im Kalender steht, hat sich Gesterkamp der Männer in der Medizin angenommen. Titel: Was Männer krank macht.

Ein großer Teil der Unkenntnis oder Nichtbeachtung gesundheitlicher Risiken bei Männern gehört auch nach Gesterkamps Recherche gewiss in die Kategorie: selbst schuld. Denn Männer halten, so Gesterkamps These, ihren Körper für so etwas Ähnliches wie ein Auto, das man nur warten und reparieren muss (Gesterkamp geht nicht ganz so weit im Vergleich, er spricht von einer Maschine. Ich finde aber an dieser Stelle das Auto auch ganz passend). Ein anderer Teil gehört dabei in die Kategorie Beruf: Schwerstarbeiter belasten natürlich ihren Körper ganz anders.

Aber jenseits aller Frotzelei und aller pauschalen Wahrheiten sei Ihnen Gesterkamps Artikel unbedingt ans Herz gelegt: Er füttert auch mit Fakten, und er kann die Spuren der Veränderung des gesellschaftlichen Diskurses gut nachzeichnen – ganz unangestrengt und ohne die Frage stellen zu müssen, wann der Mann denn nun ein Mann ist. Am Ende scheint es tatsächlich nicht so falsch, mal den Blickwinkel zu ändern. Gender sei Dank.

Der Artikel im Freitag erscheint zum Weltmännertag, 3. November. Ausgabe 44/2020:
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/was-maenner-krank-macht

Infos über Thomas Gesterkamp auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Gesterkamp